Eine interessante
Podiumsdiskussion über die aktuelle Wirtschaftskrise und deren Entwicklung warf einen interessanten Punkt auf. Herr Patrick Bernau vom FAZIT Wirtschaftsblog der FAZ meint die Hartz Reformen seien ein voller Erfolg, da sich die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden enorm erhöht hat. Ihm wurde widersprochen. Allerdings stellte sicher heraus, dass die Vergleichsbasis unterschiedlich war. Der Kommentator aus dem Publikum bezog sich auf das Jahr 2000.
Dort lag das Arbeitsvolumen bei 57659 Millionen Stunden, die Zahl der Erwerbstätigen war 39.314 Millionen Menschen davon Vollzeit 25.650 Millionen. Herr Bernau hingegen nimmt das Jahr 2005.
Dort wurden 55693 Millionen Arbeitsstunden geleistet, es gab 38.835 Millionen Erwerbstätige, davon 23.203 Millionen Vollzeit beschäftigt. Das sind 3.5% weniger Arbeitsstunden, 1.2% weniger Erwerbstätige und 9.5% weniger Vollzeitstellen. Der Start ist alsobezüglich des Arbeitsvolumens und besonders bezüglich der Vollzeitstellen sehr unterschiedlich.
Im Jahr
2012 sieht es wie folgt aus. Es gab 58115 Millionen geleisteter Arbeitsstunden, 41.613 Millionen Erwerbstätige davon 24.295 Millionen Vollzeit. Je nach Basis ergibt sich eine Steigerung bei den Arbeitsstunden von 0.8% (2000/2012), bzw. 4.3% (2005/2012), bei der Zahl der Erwerbstätigen von 6.3% (2000/2012), bzw. 7.1% (2005/2012), davon Vollzeit -5.2% (2000/2012), bzw. 4.7% (2005/2012).
Man erkennt, das je nach Wahl der Startpunkte sehr unterschiedliche Ergebnisse herauskommen. Beiden gemeinsam ist, dass die Zahl der Erwerbstätigen deutlich mehr steigt, als die Zahl des Arbeitsvolumens. Selbst bei der 2005 Basis bedeutet das, dass die Menschen im Durschnitt weniger arbeiten. Im Jahr 2000 waren es 1466 Stunden/Erwerbstätigen, 2005 1434 Stunden/Erwerbstätigen und 2012 1396 Stunden/Erwerbstätigen. Das entspricht einer Reduktion von 4.8% (2000/2012) und 2.7% (2000/2012).
Nun stellt sich die Frage, warum man diese unterschiedlichen Basen verwendet. Beide Argumente sind nachvollziehbar. Das Jahr 2000 stellt das letzte Maximum des Arbeitsvolumens und der Erwerbstätigen vor den Hartz Reformen dar. Diesen Stand wollte man mit den Reformen mindestens erreichen, bzw. überbieten. Bei den Vollzeitstellen ist das nicht im Ansatz gelungen und bei der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden ist die Steigerung ebenfalls nicht beeindruckend. Wenn man den Preis der stagnierenden Löhne und die regelmäßigen Gängelungen von Arbeitslosen im Hinterkopf hat, war der Preis für 0.8% sehr hoch. Davon abgesehen, dass alle externen Effekte ausgeblendet werden, wenn man diesen Wert der Hartz Reform zu spricht.
Die Basis 2005 wurde gewählt, da um diese Zeit die Reformen durchgeführt wurden. Die Arbeitsmarktdaten waren zu dieser Zeit schlechter. Aus diesem Grund wurden die Reformen initiiert. Daraus resultiert, dass die Ergebnisse deutlich besser aussehen. Vernachlässigt wird die Weltwirtschaftsentwicklung. Deutschland exportierte vor den Hartz Reformen schon sehr viel. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt spiegelt sich aus diesem Grund ein wenig in der
Weltwirtschaftsentwicklung wieder. Die Hartz Reformen haben insofern funktioniert, als das das Exportvolumen deutlich stieg. Innerhalb der Eurozone gab es deutliche Überschüsse. Diese Überschüsse bereiten uns heute Probleme, da sie die Schulden der Krisenländer darstellen. Ein teurer Preis für eine sinkende pro/Kopf Arbeitszeit und pro/Kopf Einkommen. Herr Bernau ist deshalb kritisch zu fragen, warum er diesen Weg den Krisenländern vorschlägt. Vor allem, wenn nicht alle Länder gleichzeitig wettbewerbsfähiger werden können.
In der Summe wird in dieser Analyse nicht geklärt wie die Arbeitszeiten verteilt sind. Denn gerade schlecht bezahlte einfache Arbeit kann aufgeteilt und somit verbilligt werden. Somit ist die Frage welche sozialen Schichten durch diese Entwicklung am stärksten belastet werden nicht geklärt.
Fazit
In den Diskussionen gehen mehrere Punkte häufig unter. Die Erfolge oder Nichterfolge der Hartz Reformen am Arbeitsmarkt hängen vom Betrachtungszeitraum ab. Des Weiteren sind Arbeitsmarktuntersuchungen ohne einen Blick auf die Einkommen sinnlos. Arbeit soll Einkommen generieren. D.h. steigende Erwerbszahlen zu feiern, nur weil sie steigen bringt nicht viel. Weiterhin müssen verschiedene Einkommengruppen mehr in den Fokus rücken. Durchschnittlich geht es allen gut, wurde richtigerweise in der Podiumsdiskussion von Herrn Bernau gesagt. Komplett ignoriert wurde eine Preis/Leistungs Bewertung. Was sind die Kosten in Form von Gesetzen, Unterdrückung von Arbeitslosen, Lohneinbußen, etc. im Verhältnis zu den Gewinnen, wie Arbeitsplätze, stärkere Wirtschaft, etc. Nur so kann eine Bewertung gelingen. Da der Einfluss der Reformen sehr komplex ist, ist die Bewertung komplex. Ein sauberer Versuch wird in der Öffentlichkeit selten gemacht.
Chris