Freitag, 30. Oktober 2020

Wer sich gruseln möchte kann die ach so kritische Linke hier beobachten

Wer sich gruseln möchte kann die ach so kritische Linke hier beobachten. Gerade mal zwei von neun Beiträgen legen die Problematik differenziert dar. Im Sommer wurden die Maßnahmen attakiert, weil die Zahlen niedrig waren. Jetzt steigen die Zahlen, da wird die Wirkung der Masken in Frage gestellt. Ich verstehe es nicht. Die Masken bringen keinen hunderprozentigen Schutz. Wenn es 50% sind und jeder eine trägt, dann hat man einen Schutz von 75%. Das ist eine Menge für ein Stück Stoff. Wo ist da das Problem? Es darf nicht sein, was nicht sein darf. Mich erinnern diese Linken an die Neoliberalen die sie angreifen. Es sind Egoisten und Rechthaber. Sie verstehen expotentielles Wachstum nicht, da im besten Fall philosophische Werke gelesen haben. Mit Wissenschaft und Mathematik scheinen sie sich nicht auszukennen. Wie schon in anderen Beiträgen geschrieben, sind diese Menschen nah an der Esoterik. Ein Tobias Riegel befeuert dies. Einige Beiträge der Nachdenkseiten könnten eins zu eins auf rechtsnationalen Blogs publiziert werden, wenn man einen Satz zur Ausländerfeindlichkeit hineinnehmen würde. Wie man auf den Begriff Querfront kommt, verstehen die Autoren aber immer noch nicht.

Es ärgert mich. Warum? Solche Menschen zerstören das Diskussionsklima komplett. Sie sind scheinkritisch. Das beste was einer Regierung passieren kann ist, wenn Menschen sie über so etwas wie eine Maskenpflicht aufregen. Wo ist denn die Kritik, dass die Schulen im Sommer nicht fit gemacht worden sind? Warum gibt es keine Pandemiekonzepte für Pflegeheime, wo Besuche weiterhin im vernünftigen Rahmen stattfinden können? Warum die Fixierung auf eine experimentelle Impfung? Warum nicht lieber mit der Pandemie leben lernen (es wird nicht die Letzte sein)? Warum wird nicht kritisiert, dass Klima, Rassismus, Ungleichheit, schlechte Bezahlung, usw. quasi verschwunden sind. Nichts wurde aufgegriffen. Statt in Coronademos, hätten die ach so kritischen Linken doch für die PflegerInnen auf die Straße gehen können. Aber das schränkt den Wohlstandslinken ja nicht ein. Es geht darum, seine/ihre Maske nicht über das wohlstandsgelangweilte Gesicht ziehen zu müssen.

Links ist daran nichts. Kritisch auch nicht. Es ist dumm. Die Nachdenkseiten sollten sich fragen, warum sie mit dummen undifferenzierten Texten so viele Menschen anlocken. Sie bedienen wie die AfD eine Personengruppe die auf der Suche ist nach einfachen Antworten. Die Möglichkeit, dass viele Dinge immer noch unbekannt und unsicher sind, glauben sie nicht. Schließlich wurde ihnen seit 10 Jahren erzählt, dass die künstliche Intelligenz alles lösen kann (autonom fahrende Autos sollte ja laut Elon Musk schon Standard sein). Kritisches Denken bedeutet sich zu ermächtigen. Da reicht ein Blog nicht aus. Man muss mehrere Seiten betrachten und auch neoliberale Denke lesen und probieren zu verstehen. Nur dann kann man sich ein Bild machen. 

Die Frage bleibt, was qualifiziert die Nachdenkseitenautoren an vielen Stellen zu ihren Absolutaussagen? Im Grunde gar nichts. Sie arbeiten nicht wissenschaftlich und haben keinen guten Überblick. Das birgt folgendes Problem. Wenn es 10 wissenschaftliche Publikationen gibt von denen 8 A sagen und 2 B. Was heißt das? Heißt das, dass A wahrscheinlicher ist als B? Heißt das, dass B eine unterdrückte Meinung ist?

Das kommt darauf an. Nur wenn man die Publikationen gelesen und verstanden hat, kann man die Aussage treffen. Dann kommt vielleicht heraus, dass A und B gar nicht Vergleichbar sind, weil die Annahmen und Betrachtungsweisen unterschiedlich waren. Das macht es auch so kompliziert. Dazu kommt oben drauf, dass es unterschiedliche Einschätzungen der Situation gibt. Da die Datenlage nicht vollständig ist, braucht es Annahmen. Diesen Diskurs sieht man aktuell zwischen Ärzten und Virologen. Nur dann kommt die Politik. Wenn ein/e PolitikerIn einen weichen Kurs wählt, und in seinem Wahlkreis sterben viele Menschen, dann dankt ihm das niemand. Im besten Fall wird er oder sie nicht wiedergewählt. Im schlechtesten Fall bedroht und schlimmeres. Lübke als nur so als Erinnerung.

Ein offener Diskurs ist notwendig. Aber dieses Lagerdenken und herablassende geht mir auf die Nerven. Die Briefe zeigen wie wenig kritische die Leser der Nachdenkseiten wirklich sind. Sie wollen Recht haben mehr nicht. Wenn die Nachdenkseiten wirklich wieder kritisch werden würde, wären diese Menschen schnell wieder verschwunden. Zu kompliziert, zu differenziert.

Chris

Mittwoch, 28. Oktober 2020

Die Verschwörung geht weiter, meinen die Nachdenkseiten

Die Fallzahlen steigen, die Zahl der Intensivpatienten auch, die Sterberate in den USA ist weiter hoch. Aber die Nachdenkseiten publiziert munter "Corona und gekaufte Wissenschaft – Wie falsche Wissenschaft die Welt in einen Abgrund stürzt". Der Text strotzt nur so von Selbstgerechtigkeit. Ein VWL Professor maßt sich an, in einem anderen wissenschaftlichen Bereich alles besser zu wissen. Die Studie die er kritisiert ist von Anfang März. Wenig war von Corona bekannt. Die Pandemie stand am Anfang. Entscheidungen mussten getroffen werden. Als VWL Professor versteht man so etwas wahrscheinlich nicht. Aber Krankheiten sind schwer zu verstehen. Was soll Politik machen. Abwarten? Dieses Abwarten brachte in Italien nachweislich Probleme. Das in China ein Lockdown durchgeführt wurde, vor der Studie wird nicht erwähnt. Nein es ist die gekaufte Wissenschaft (die es sicher gibt). Sorry, aber Nachdenken sieht anders aus. 

Die Fragen die man sich stellen muss sind nicht, ob und wie im März reagiert wurde. Dort war die Pandemie noch relativ unbekannt. Man musste handeln. Aber seitdem? Warum wurden Schulen nicht vorbereitet (Raumluftreiniger, Schutzwände, etc.). Warum weiß man nicht wo eigentlich wesentliche Übertragungen stattfinden. Wo ist die Analyse zur Wirkung der Einzelmaßnahmen, um die jetzigen besser zu koordinieren.

Das zur Pandemie. Nachdenken und sinnvoll kritisieren kann man die Hilfsprogramme für viele Kleinunternehmer. Warum müssen diese Hartz 4 beantragen und kriegen kein Kurzarbeitergeld? Warum wird dieses nicht deutlich erhöht. Warum koppelt man das Kurzarbeitergeld nicht an ein massives Weiterbildungs- und Forschungsprogramm. Einfach mal die Zeit sinnvoll nutzen, wenn wenig zu tun ist? Warum wurden ältere Menschen in den Heimen quasi eingesperrt? Warum, warum. Das sind die wesentlichen Fragen und Versäumnisse. 

Das schlimme ist, dass eben jene ach so kritischen Nachdenkseiten die ersten sind, wenn das Gesundheitssystem kollabiert. Ich habe nichts gegen kritische Stimmen, auch nicht von einem VWL Professor, der sicherlich zu Recht die Forschungsförderung kritisiert. Nur ist es keine Wahrheit, wie suggeriert wird. Das wesentliche Problem der Nachdenkseiten ist, dass sie mehr und mehr zu einer Verschwörungsplattform verkommt. Das erkennt man an einigen Punkten

  • selektive Wahl der Quellen
  • Absolutheitsanspruch der Aussagen der Quellen oder Autoren (Tobias Riegel steht da ziemlich weit vorne)
  • unkritischer Umgang mit Quellen (wer schrieb den Text, besitzt die Person die notwendige Qualifikation, usw.)
  • Titelgeilheit (Professoren und Doktoren sind gerne gesehen, wenn sie nur die Meinung bestätigen)
  • Arroganz
  • keine Gegenüberstellung von Meinungen
Chris

Montag, 19. Oktober 2020

Klimawandel und Anreize

Ich habe neulich ein interessantes Interview mit Ottmar Eddenhofer gehört. Ich konnte seinen Argumenten folgen und sie auch sehr gut nachvollziehen. Ein Problem habe ich dennoch mit seinem CO2 Preis. Er ist der Meinung, dass ein CO2 Preis alles lösen wird. Die Kosten sind hoch und fertig. Mein Problem damit ist das Folgende. Alle Unternehmen eines Sektors sehen die Kostenwelle auf sie zurollen. Zwei Strategien können gefahren werden. Man macht erst einmal nichts und kauft Zertifikate. Die Hoffnung ist, dass neuere CO2 Vermeidungstechnologien billiger werden. Die andere Strategie ist, man rüstet um. Hier kommt mein Problem. Um eine Wirtschaft umzurüsten, muss viel produziert werden. Nehmen wir den eneuerbaren Strom. Die Planung und der Bau von Windenergieanlagen dauert 3-6 Jahre. Um in 10-20 Jahren die notwendigen Kapazitäten zu haben, müssten die Produktionskapazitäten der Windenergieanlagen dramatisch steigen. In Deutschland werden sie aktuell ins Ausland verlagert, weil faktisch kein Zubau passiert. Der CO2 Preis kommt, der Ausbau stockt. Eddenhofer bedenkt meiner Ansicht nicht, dass das Produktionsvolumen für die CO2 neutrale Technologie vorhanden sein muss. Und zwar weltweit. Das sehe ich persönlich nicht. Es sind nicht nur Maschinen, sondern auch Personal. Man braucht Planer, Ingenieure, Techniker, usw. Wo bekommt man die mal eben her? Was passiert, wenn ein Unternehmen zwar CO2 neutral werden will, aber die Technologie nicht kaufen kann? Irgendwann ist es billiger die Strafe zu zahlen, anstatt in überteuerte Maschinen zu investieren. Dem Klima ist dabei nicht geholfen. Ich glaube Eddenhofer hat Recht, dass ein CO2 Preis die Wirtschaftsstruktur verändert. Ich bezweifle, dass es schnell genug gehen wird. Wie geschrieben, allein im Energiesektor müssten zehntausende Windenergieanlagen zugebaut werden. Dazu noch Photovoltaik, lokale Speicher, Trassen. Es müssen 60 Millionen PKW getauscht oder zumindest die gefahrenen Kilometer dramatisch reduziert werden. Dazu bedarf es alternativer Mobilitätskonzepte und Pop-up Radfahrwege sind keine. Es ist ein sehr komplexes Thema. Ich fürchte der Preis allein reicht nicht.

Chris

Mittwoch, 7. Oktober 2020

Mal was zu Steuern

Ganz am Ende eines FAZ Beitrag steht folgender Abschnitt

Die überwiegende Mehrheit von zwei Dritteln der Deutschen interessiert sich hingegen „kaum oder gar nicht“ für Steuern. Das ist überaus schade, denn wem Steuerthemen egal sind, der interessiert sich nicht dafür, wie viel Geld von seinem Lohn an den Staat geht, wie viel andere zahlen – und ob es dabei gerecht zugeht.
Das wurmt den Author und manch Ökonomen. Uns wird ständig erzählt, dass die Menschen niedrigste Steuern wollen, sonst arbeiten sie nicht. Logischerweise ist dem nicht so. Vielen Menschen in diesem Land ist sehr wohl bewusst, dass 10 Euro Steuerersparniss nicht die Treibstoffkosten aufwiegt, wenn man dafür im Sommer 10 km weiter ins nächste Freibad fahren muss.


Chris

Dienstag, 6. Oktober 2020

Streiks im öffentlichen Dienst

Es ist mal wieder soweit und das Narrativ ist klar. Für mehr Lohn zu kämpfen ist schon okay, aber soll bitte niemanden stören und nichts kosten.

Dieses Jahr kommt ein weiteres hinzu. Zwar gibt es neuerdings Helden im öffentlichen Dienst, aber dort wird das Narrativ auf die Pflege (Krankenhaus und Altenpflege) und Kindererziehung gedrückt. Vergessen sind die Gesundheitsämter, die Arbeitsagenturen, welche die staatlichen Hilfsleistungen verteilt haben, die Finanzämter, welche kurzfristig Unternehmen mit ihren Steueranpassungen geholfen haben, Müllfrauen und -männer, die die Straßen weiterhin sauber hielten, WasserwerkerInnen die in Quarantäne waren, um sicherzustellen, dass wir fließendes Wasser haben, Leher die neue Konzepte entwickelt haben, um die Schulen irgendwie am Laufen zu halten, Ämter die sich um Hygeneregeln bemühen, welche einen geringen Einfluss auf das Leben haben, Forscher, die die Krise von A bis Z Analysieren, um Entscheidungshilfen zu geben, usw. Die Liste ist sehr lang. 

Was präsentieren uns die Medien. Die Menschen im öffentlichen Dienst sollen sich nicht so haben, schließlich haben sie noch einen Job und außerdem sind die Kassen leer. Das von den Arbeitgebern, dem Staat der Milliarden raushaut, die Aussage kommt "Wir haben kein Geld" kann kaum gelesen werden, bzw. ist kaum sichtbar.

Ich finde die Analyse, dass die Schreiberlinge der deutschen Zeitungslandschaft erkennen wie unwichtig ihre Berufe eigentlich sind. Würden sie streiken würde es niemand wahrnehmen. Ähnlich geht es vielen, die sich jetzt aufregen, wie der öffentliche Dienst denn in einer solchen Krise Forderungens stellen kann. Komisch, dass es die gleichen sind, die in jeder Krise Forderungen stellen, wenn es um Unternehmensrettungen, Steuererleichterungen und vieles mehr geht. Fordert der Pöbel vor allem wenn er vom Staat finanziert wird, dann kriegen diese Personen Schappatmung. Sie wollen einfach nicht akzeptieren, dass die Sinnhaftigkeit vieler Berufe im öffentlichen Dienst deutlich höher ist, als bei ihrem eigenen.

Darum STREIKEN, STREIKEN, STREIKEN. Es ist Zeit. Wenn nicht jetzt wann dann?

Chris