Dienstag, 25. November 2014

Die Hälfte schluckt der Staat

Die Hälfte schluckt der Staat meint Alfred Boss auf dem INSM "Ökonomen"blog. Nein tut er nicht meine ich. Er zeigt es in seiner Statistik selbst auf. Der Durchschnittslohn ist höher als der Medianlohn. Der Median ist die Mitte zwischen allen Einkommen und der Durchschnittslohn liegt darüber.  Das heißt die Mehrheit der Menschen zahlt weniger als 50% an Steuern und Sozialabgaben. Die Sozialabgaben sind Versicherungsbeiträge. D.h. es ist zwar eine gesetzliche Versicherung "die Organisation erfolgt durch selbstverwaltete Versicherungsträger." 

Das heißt, dass die Träger der Sozialversicherung als öffentlich-rechtliche Körperschaft alle Steuerungsaufgaben in Eigenverantwortung unter Rechtsaufsicht des Staates erfüllen. Damit sind sie organisatorisch und finanziell selbstständig. 

Da sich die Leistungen aus Beiträgen und nicht aus Steuern speisen, sind es Versicherungen. Niemand käme auf die Idee einen privaten Versicherungsbeitrag in die Abgabenlast an den Staat mit einzurechnen, selbst es eine Versicherungspflicht gäbe. Folglich sollten in der Darstellung der staatlichen Belastung Steuern + Solidaritätszuschlag stehen, d.h. das Geld das auch wirklich an Bund, Länder und Kommunen geht.
Natürlich geht es Herrn Boss um die Menschen. Auch die niedrigen Einkommen werden stärker belastet. Wie er die Einkommen in seiner Statistik aufteilt bleibt ein Geheimnis. Gleichzeitig fordert er

Wirtschaftspolitisch sinnvoll wäre es, bei der Kranken- und der Pflegeversicherung auf ineffiziente Umverteilung zu verzichten und einheitliche Beiträge einzuführen

Das ist ein wenig widersprüchlich, wenn man die unteren Einkommen nicht stärker belasten will. Was passiert wohl, wenn man Einheitsbeiträge einführt? Bei der gleichen Zahl von Personen und gleichem Bedarf, muss der Beitragssatz für die niedrigen Einkommen steigen. Der Witz ist, dass wirtschaftsliberale Ökonomen auf der einen Seite meinen, dass die unteren Löhne zu niedrig seien und die Anreize zum Arbeiten verloren gehen. Auf der anderen Seite fordern sie implizit deren höhere Belastungen für untere Einkommen und niedrigere Nettolöhne.
Davon abgesehen wird auch nicht darauf eingegangen warum ein solches System ineffizient sein sollte. Vielleicht ist es das. Aber wie will man das objektiv beurteilen?
Aufgrund der starken Belastung kommt Herr Boss zu folgender einer typisch neoliberalen Aussage
 
Damit werden die Arbeitsanreize geschwächt.
 
Diese Aussage ist in mehrerer Hinsicht lächerlich. In Deutschland sieht man das daran, dass auf der einen Seite die Zahl der Erwerbstätigen steigen und auf der anderen die Reallöhne sinken. Die Aussage ist folglich nicht haltbar. Lächerlich ist sie auch, weil Herr Boss einen Einheitsbeitragssatz fordert und den "Anreiz" der unteren Einkommen schwächt. Weiterhin ist diese Aussage lächerlich, weil sie die freie Wahl der Arbeitnehmer impliziert. Wer bezahlt eine Wohnung, das Essen und den Lebensstandard? Das wird natürlich nicht beantwortet, weil man es nicht kann. Folglich kommt Herr Boss zu seinem logischen Schluss, dass 2017 die Belastung
spätestens dann sehr schmerzhaft

sein wird. Warum schreibt er nicht. Warum 50% merklich schlimmer ist als 49.9%. Springt die Belastung plötzlich von Null auf 50%? Natürlich nicht. Der Nettobetrag der Menschen wird höher sein als 2014. Weiterhin ist die Belastung eine Frage der Lohnentwicklung. Steigen die Löhne, steigen die Einnahmen der Sozialversicherungen und die Beitragssätze werden, sinnvoll oder auch nicht, gesenkt (siehe aktuell bei der Rente). Ob die Belastung unerträglich ist oder nicht hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel: Was bekomme ich für meine Steuern. Wenn ich keine Maut zahlen muss, Schulen und Universitäten keine Gebühren fordern, ich keine oder kaum Zuzahlungen im Krankheitsfall habe, dann ist die Belastung in der Summe geringer als wenn ich niedrigere Steuern zahle. Da Ökonomen wie Herr Boss die Leistungsseite komplett ausblendet kann er vortreffliche Propaganda beitreiben. Sein Text ist ein Meisterstück von neoliberalen Widersprüchen und Floskeln. Man sieht an diesem Text wie man sich eine logische Welt aufbauen kann die weit weg ist von der Realität, wenn man nur die falschen Annahmen hineinsteckt.

Chris

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