Dienstag, 7. April 2015

Die INSM und das Erben

Der Autor meint, dass Erbschaftssteuer ungerecht und vor allem unmoralisch. Er versucht es zu begründen und muss scheitern. Er wirft der Gegenseite (pro Besteuerung) vor, dass sie zu viele Annahmen voraussetzen, muss es zwangsläufig selbst tun. Die Frage die im Raum steht ist folgende:
Ist es gerecht, wenn ich auf 50 tausend Euro Jahreseinkommen höhere Steuern zahlen muss, als auf 50 tausend Euro Erbschaft? Beides stellt ein Einkommen dar. In einem Fall arbeite ich dafür, im anderen erhalte ich es leistungslos. Vor allem bei den wirtschaftsliberalen Vorkämpfern wird von Leistungsgerechtigkeit gesprochen. Wie kann man davon reden und gleichzeitig irgendein Erbe zulassen? Wenn nur Leistung zählen darf, dann müssen alle gleich starten und danach dürfte es beliebig auseinander laufen. Das wäre dann zumindest konsequent. Stattdessen zeigt sich sehr klar, dass es um Leistung gar nicht geht. Es geht darum die Spitze der Gesellschaft vor steuerlichen Belastungen zu schützen. Begründet wird dies mit

Zum einen ist aber das Erben doch per se erst einmal eine Verfügung des Erblassers

Die Aussage ist insofern falsch, als das wir als Gesellschaft das Erben erlauben. Die Bedingung, dass ich Erben darf ist gesetzlich geregelt. So wie während des Feudalismus die göttliche Gnade den Titel und das Land legitimierte, legitimiert es jetzt der Rechtsstaat und die Bevölkerung. D.h. die Frage ist nicht ob man Erben besteuern darf oder nicht. Die Frage ist wie viel wir den Erben zugestehen wollen. Das mag des neoliberalen Ideologen nicht gefallen, aber letztenendes ist es der Fall. Kein Tier vererbt seinen Kindern etwas. D.h. etwas zu vererben ist ein gesellschaftliches Konstrukt und kann als solches beliebig verändert werden. Es ist nicht durch eine höhere Moral oder ein Naturgesetz vorgegeben.
Darum ist das Vorholen von Moral, wenn die Argumente fehlen, nicht hilfreich. Es führt zu solchem Unsinn

Was maßen wir uns an, den letzten Willen eines rechtschaffenden Bürgers zu hintergehen.

Die Frage ist, wem schadet man mehr durch eine Steuer, einem Lebenden oder Toten? Wir maßen uns ständig an irgendeinen Willen zu "hintergehen". Ich darf nicht in die Wohnung des Autors spazieren und seine Privatsachen durchsehen. Das dürfte ich auch dann nicht, wenn ich körperlich in der Lage wäre dies durchzusetzen. Mein Wille wird durch einen rechtlichen Rahmen "hintergangen". Für neoliberale Ideologen ist das ein großer Unterschied. Auf das wesentliche gebrochen, ist die Basis die gleiche. Wir alle geben Rechte ab und erhalten dafür welche. Das Verhältnis zwischen Verlust und Gewinn von Rechten muss gesellschaftlich diskutiert werden (meist in Form von Politik). Das gilt für den Schutz der Privatssphäre ebenso wie für das Erben.
Viele der Rest"argumente" greifen auch nicht
Zum anderen untergräbt es die Familie als subsidiäre Einheit der Gesellschaft. 
Wer nicht vererben kann, unterstütz also seine Kinder nicht. Das würde aus dieser Aussage folgen.

Die eigenverantwortliche Zukunftsvorsorge wird konterkariert. Eigentlich sollten wir doch froh sein, wenn sich Mitbürger nicht nur um sich selbst kümmern, sondern auch durch Leistung und Verzicht vorsorgen, dass ihre Nachkommen nicht dem Gemeinwesen zur Last fallen.

Ebenso falsch ist diese Aussage. Sie setzt voraus, dass reichen Menschen dem Gemeinwesen nicht zur Last fallen. Sie leben von ihrem Vermögen (Zinsen). Aber wer produziert die Güter von denen sie leben? Das tun sie nicht selbst. Sie nehmen Ressourcen in Anspruch und belasten folglich das Gemeinwesen. Es ist erstaunlich, dass das Gemeinwesen automatisch mit dem Staat gleich gesetzt wird. Aber auch hier belasten sie ihn. Er muss den Reichtum schützen. Darum ist die logische Folge des Autors falsch.

Gerade wenn der Nachlass durch Konsumverzicht – wie vielfach geschehen – mühsam zusammengefügt wurde, dann ist es geradezu unmoralisch, Hand an diese Vermögen zu legen.

Moral wird gesellschaftlich definiert. Folglich kann eine Gesellschaft auch sagen, dass Erben unmoralisch ist. Schließlich gibt man einer Minderheit einen Vorteil über die Mehrheit. Nach dieser Argumentation wäre der Feudalismus ebenso moralisch richtig. Eine kleine Gruppe lässt sich durch die Mehrheit versorgen, da es ein Recht gibt welches ihnen dies zusagt.

Fazit
Ich sage nicht, dass man Erbschaften generell abschaffen sollte. Allerdings sollte man sich genau überlegen was für Probleme man sich in einer Demokratie damit einkauft. Gerade die Erbschaften an der Spitze sorgen für einen Machterhalt. Eine kleine Elite wird bevorteilt ohne eine Leistung erbracht zu haben. Das sie auf Basis des Reichtums etwas erreichen, mag sein. Allerdings ist die Frage ob ererbter Status in einer demokratischen Gesellschaft vorteilhaft ist. Es muss uns klar sein, dass eine Konzentration von Reichtum automatisch zu einer Konzentration von Macht führt. Erstaunlich ist, dass die neoliberalen Ideologen im Falle des Staates ein Problem damit haben (teilweise sicher zu Recht). Im Falle der Macht der Privatpersonen stellt es kein Problem dar. Ich verstehe nicht, wie man einen potentiellen Machtmissbrauch geistig trennen kann. In beiden Fällen wird er von Menschen durchgeführt.

Chris

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