Dienstag, 3. November 2015

Idealannahmen

Ein interessantes Interview mit Colin Crouch über Vertrauen und Märkte. Für mich sind die Erkenntnisse nicht besonders überraschend. Es ist absurd anzunehmen, dass der "Markt" langfristig zu moralisch richtigen Entscheidungen führt. Es ist absurd, weil die Zielgröße nicht Moral heißt, sondern Gewinnsteigerung. Auf einem perfekten Markt mit vollständiger Information und unter der Annahme, dass den meisten Menschen moralisch richtiges Handeln wichtig ist, dann und nur dann würde die Idee des moralischen Marktergebnisses funktionieren. 
In allen anderen Fällen ist es Zufall das es funktioniert oder die Moral wird für sich ausgenutzt (Bio, Fair Trade, Umweltschutzlabels, etc.). Ob die Moral am Ende wirklich da ist, oder ob es eine Werbestrategie ist, kann der Konsument in aller Regel nicht beurteilen.

Was ich nicht verstehe ist, wieso so viele neoliberale Ökonomen dennoch an die Annahme des moralische Marktes glauben. Wahrscheinlich müssen sie es. Sie sehen wahrscheinlich Unternehmen nicht als Organisationsstrukturen, sondern als "Individuen", welche man bestrafen kann. Wie will man BP, die Deutsche Bank oder andere bestrafen, wenn die Entscheidungsträger jede Menge Geld für Fehlentscheidungen bekommen. Natürlich geht vielleicht irgendwann das Unternehmen unter. Aber warum sollte man solche Ressourcenverschwendung effizient finden. Die Erfahrungen der Mitarbeiter, die Technologien und Strukturen gehen ganz oder teilweise verloren. Es ist eben gerade nicht so, dass jedes Unternehmen sofort austauschbar wäre. Im Zweifel bleibt es also bestehen. 

Das alles liegt auf der Hand. Ich Frage mich, wieso trotzdem mit solchen Idealannahmen argumentiert wird. Wahrscheinlich weil nachdenken anstrengend ist.

Chris

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