Donnerstag, 21. Juli 2011

Erfolgsrezepte

Passend zu den beschämenden Daten der atypischen Beschäftigung berichtete heute die Berliner Zeitung unter Berufung auf das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dass im Durchschnitt aller Beschäftigten Arbeitnehmer die Netto-Reallöhne von 2000 bis 2010 um -2,5% gesunken sind.Arbeitnehmer die Netto-Reallöhne von 2000 bis 2010 um -2,5% gesunken sind.

Die Frage ist wie lange eine solche, politisch gewollte Entwicklung in Deutschland noch gut geht. Alles und jedes wird auf den Export getrimmt. Da Investitionen teuer und risikoreich sind, steigert man eben weniger die Produktivität und senkt stärker die Löhne. Der Effekt ist der Gleiche. Man kann billiger produzieren. Der Binnenmarkt dankt es.
Nun wundern sich die gleichen Entscheidungsträger, dass einige Länder hohe Außenhandelsdefizite und andere Überschüsse haben. Das ist natürlich schwer zu verstehen wenn man scheinbar daran glaubt, dass alle Länder Überschüsse haben können. Da die Summe aller Außenhandelsbilanzen Null sein muss, kann sich ein Land wie Deutschland nur über die Verschuldung der anderen Staaten seinen Export einheizen. 

Was gewinnt Deutschland von dieser vermeintlichen Wettbewerbsfähigkeit? 

Innerhalb der Eurozone baut sich eine große Diskrepanz zwischen den Nettoimporteuren und den Nettoexporteueren auf. Die zweite Gruppe zahlt nun Geld an die Erste, um diese zu stabilisieren. Dies wird nicht aufgrund von Wohltätigkeit getan, sondern um die eigenen Exportgewinne zu retten.Die deutschen Arbeitnehmer haben wenig gewonnen. Diese verzichteten auf Lohnerhöhungen und flexibilisierten ihre Arbeitsverhältnisse. Das reduzierte den Preis der Arbeit. Nun dürfen sie zusätzlich die Rettung bezahlen. Eine Aufwertung der Währung und die damit verbundenen billigeren Importprodukte gab es auch nicht, da der Euro eine Einheitswährung ist. Somit gehen in die Wechselkurse mit Ländern außerhalb der Eurozone auch die wirtschaftlich schwachen Länder mit ein. Das reduzierte den Aufwertungsdruck. Innerhalb der Eurozone blieben die Kursverhältnisse gleich. Dies ist ebenso ein Vorteil für die Exportindustrie. Der Rest gewinnt wenig.

Der deutsche Staat hatte auch sehr wenig davon. Die Steuern für die großen exportorientierten Konzerne sind niedrig. Die Rettung der Bankersparnisse in den Schuldenländern frisst die wenigen Mehreinnahmen wieder auf. Zolleinnahmen gab es ja nicht. Von einer signifikanten Senkung der Arbeitslosigkeit konnte und kann auch keine Rede sein und der Binnenmarkt entwickelte sich schwach. Durch die reale Senkung der Löhne, sinken auch die Steuermehreinnahmen. Dieses Geld fehlt an anderen stellen. Alles in allem nicht gerade ein tragfähiges Konzept.

Chris

2 Kommentare:

  1. Es ist doch gerade gut, daß die Löhne in Deutschland gesunken sind. Allen Unkenrufen zum Trotz: Durch die gesunkenen Lohnkosten in Deutschland ist nämlich auch die Arbeitslosigkeit sehr wohl deutlich zurückgegangen. Auf dem Arbeitsmarkt gelten nämlich die gleichen Regeln, wie auf allen anderen Märkten auch: Ist der Preis des Gutes zu hoch, geht die Nachfrage zurück. Es entsteht in diesem Fall Arbeitslosigkeit. Daß der Arbeitsmarkt funktionierte, wenn man ihn nur ließe, zeigt sich doch an der vielen Schwarzarbeit.

    Den Rest kann ich wohl so stehen lassen. Ich möchte aber doch anmerken, daß es gerade die Politiker, nicht die Wirtschaft, waren, die den Euro unbedingt wollten. Und daß der Euro-Raum wohl kaum einem optimalen Währungsraum entspricht, bestreitet auch kein VWLer.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Theorie_optimaler_W%C3%A4hrungsr%C3%A4ume

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  2. "Es ist doch gerade gut, daß die Löhne in Deutschland gesunken sind. Allen Unkenrufen zum Trotz: Durch die gesunkenen Lohnkosten in Deutschland ist nämlich auch die Arbeitslosigkeit sehr wohl deutlich zurückgegangen."
    Ich muss sie enttäuschen. Warum können sie hier nachlesen

    http://endlessgoodnews.blogspot.com/2011/02/statistische-tricksereien.html


    "Auf dem Arbeitsmarkt gelten nämlich die gleichen Regeln, wie auf allen anderen Märkten auch"
    Das stimmt nur bedingt. Bei hoher Arbeitslosigkeit gelten sie nicht. Arbeitnehmer müssen faktisch Arbeit annehmen (Hartz Gesetze). Somit können die Löhne drastisch gedrückt werden. Durch die Kombilohnmodelle verdienen diese Menschen dann immer noch genug. Darum ist es billiger zwei Niedrigstlöhner Teilzeit anzustellen, als eine doppelt so teuere Stelle Vollzeit. Man sieht dies deutlich am Rückgang der Vollzeit- und der Zunahme der Teilzeitstellen. Ein schönes Arbeitsmarktwunder.

    Hinzu kommt, dass die Löhne auch Kaufkraft darstellen. Somit beeinflussen sie den Bedarf an Arbeit. Ist eine hohe Nachfrage vorhanden braucht man mehr Arbeit. Umgekehrt sorgen niedrige Löhne auch für mehr Arbeit. Diese beiden Dinge widersprechen sich und arbeiten gegeneinander. Eine Volkswirtschaft ist ein Kreislauf und darum sind scheinbar einfache Zusammenhänge doch nicht so klar. Ihr kausaler Zusammenhang trifft nur auf den Export zu. Dort wuchs Deutschland auch kräftig. Der Binnenmarkt ist schwach.

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