Dienstag, 20. Juli 2021

Frédéric Schwilden ein perfekter Repräsentant der Rentnerrepublik

Der Journalist und Autor Frédéric Schwilden wirft der jungen Generation vor, in Selbstmitleid zu verfallen.


Er sollte sich einfach die Statistiken ansehen. Dann würde er sehen, dass es eben kein Selbstmitleid. Beispiel Forschung. Vor 30 Jahren gab es noch einen akademischen Mittelbau. Da wurde man durchaus Beamter, wenn man an der Uni blieb. Jetzt haben gerade mal 4% der Forschenden einen unbefristeten Vertrag, mit Laufzeiten teilweise unter einigen Monaten. Dabei leisten sie deutlich mehr. Beispielsweise würde die Lehre an den Universitäten zusammenbrechen, wenn viele befristet Beschäftigte nicht konsequent Subventionsbetrug betreiben würden. Die DFG, das BMWi und andere Fördergeber bezahlen Forschung aber in den seltensten Fällen Lehre. Selbstmitleid?
Bei den Mieten geht es weiter. Die Löhne der jungen Generation U40 sind im Schnitt niedriger als von Gleichaltrigen vor 30 Jahren (inflationsbereinigt). Die Lebenshaltungskosten, insbesondere der Mieten, sind exorbitant gestiegen. Wem gehören die Wohnungen in denen man mietet? Direkt oder indirekt der älteren Generation. Das sieht man eindeutig in der Vermögensverteilung. Selbstmitleid?
Und so geht es immer weiter. Die junge Generation soll bitte privat für das Alter vorsorgen. Bei den Alten war das nicht notwendig, dort wurde die Rente deutlich über die Zeit erhöht. Die Jungen sollen bitte flexibel am Arbeitsmarkt sein und wieder länger Arbeiten (insgesamt + Wochenarbeitszeit). Auch dort das gegenteilige Bild bei den Boomern. Die aktuelle Generation ist die bestausgebildeste. Dennoch zahlt es sich für die meisten eben nicht aus. Die Realeinkommen sind stagniert, der Klimawandel steht vor der Tür und selbst das Bundesverfassungsgericht sagt, dass die junge Generation durch die Alten zu stark belastet werden.
Also lieber Frederick, dass ist kein Selbstmitleid, sondern eine realistische Einschätzung der Lage. Klar ist, dass du bei den Boomern offene Türen einrennst, um deine Bücher zu verkaufen. In eine Bar zu gehen und ein paar Geschichten anzuhören ist zwar nett, gibt aber sicher keinen Überblick über die Gesellschaft. Arbeiterklasse von Julia Friedrichs gibt einen solchen Überblick und zeigt, dass es kein Selbstmitleid ist, wenn man als letztes geimpft wird, während man zu Hause seine Kinder unterrichtet, damit Boomer nach Mallorca in Urlaub fahren und bei der EM in vollen Stadien sitzen dürfen.

Chris

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