Montag, 4. Februar 2013

Privatisierung des Wassers; eine liberale Argumentationskette

Den kompletten Artikel findet man hier. Konsequent werden Annahmen getroffen, welche nicht klar definiert werden. Innerhalb dieses Annahmenraumes kann man logisch konsistent argumentieren. Das Problem ist, dass diese Annahmen faktisch nichts mit der Realität zu tun haben.

Menschen, die nicht wollen, dass Wasser wie ein Gut behandelt wird, welches man tauscht, zugleich jedoch fordern, dass der Staat das Wasser wie ein Gut behandeln und tauschen dürfen soll, widersprechen sich selbst.

Das ist kein Widerspruch. Zum Beispiel ist die Rechtssprechung (zumindest offiziell) auch ein Gut und kann nicht gehandelt werden. Ebenso der Schutz durch die Armee oder durch Deiche. Die Frage ist, was

A) effizienter ist,
B) jedem, auch den Ärmsten, Zugang zu essentiellen Ressourcen liefert.

Der Vergleich zu Ländern und Kommunen wo die Trinkwasserversorgung privatisiert wurde zeigt, dass die Qualität des Wassers sinkt. Zusätzlich sind die Verluste höher. Wettbewerb findet nicht statt, da das Wassernetz nur einmal gebaut wird. Eine Substitution des Gutes durch ein anderes ist bei Wasser nicht möglich. Eine Privatisierung bedeutet den Tausch vom staatlichen gegen ein privates Monopol.

Der Staat setzt einen Preis willkürlich fest, dieser gilt als Monopolpreis. Er kann unter dem Marktpreis liegen, er kann aber auch über dem Marktpreis liegen. Es ist nur sehr unwahrscheinlich, dass er exakt den Marktpreis trifft, denn der Markt sind Menschen und Menschen können ihre Bedürfnisse und ihr Verhalten spontan jeden Tag ändern, was zu einer Änderung der Preise führen würde.

Das ist das Standardbeispiel für eine Privatisierung. Dieses Beispiel setzt zig Annahmen vorraus, welche nicht immer erfüllt sind (starker Wettbewerb, vollständiges Wissen, etc.). Allein die Aussage "Bedürfnisse und ihr Verhalten spontan jeden Tag ändern" trifft bei Wasser faktisch nicht zu.
 
das qualitativ perfekteste Wasser zum besten Preis anzubieten

Die reale Welt bestätigt das.
Ein freier Markt bedeutet freie Menschen.

Das ist Unsinn. Ein freier Markt bedeute Handel ohne Regeln. Menschen die nicht Handeln können, da sie kein Einkommen haben können nicht Teilnehmen und sind somit nicht frei. Ein Beispiel: In der DDR gab es keine Reisefreiheit. In BRD gibt es sie. Dennoch konnte in beiden Systemen nicht jeder Reisen. Die Begrenzung im Kapitalismus ist das Kapital. Die persönliche Freiheit wird durch die Ökonomie beschränkt und nicht durch den Staat. Ein freier Markt ändert daran gar nichts.
Der Wettbewerb eines freien Marktes ist nichts anderes als ein evolutionäres Entdeckungsverfahren.

Dazu muss Wettbewerb existieren. Evolution garantiert dabei nicht einmal das gesellschaftliche Optimum. Das ist einfach zu verstehen, wenn man sich ein wenig mit Optimierungsverfahren auseinander setzt. Die Zielfunktion des Marktes und des Wettbewerbs ist ein möglichst hoher Gewinn. Eventuelle moralische Bedenken gibt es nicht. Gruppen können beliebig ausgegrenzt werden, die Umwelt beliebig zerstört, Individuen beliebig ausgebeutet werden. Erst mit Hilfe von Regeln kann man die Zielfunktion des Marktes in die gesellschaftlich gewünschten Richtungen lenken. So wurde Kinderarbeit unter Protest abgeschaft, Sklaverei ebenso.

Fazit
Die Argumentation ist unter den klassisch liberalen Annahmen halbwegs konsistent. Allerdings sind diese Annahmen sehr starke Vereinfachungen der Realität.
Ich empfehle zu dem Thema
"Water makes Money"
Grundlagen der VWL von Stiglitz (dort werden die Grenzen des klassischen Modells klar herausgearbeitet).

Chris

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