Donnerstag, 17. Oktober 2013

Schwache Lohnentwicklung führt zu schwacher Produktivitätsentwicklung

Diese Bilder untermauern die Thesen von Ulrike Herrmann, dass hohe Löhne die Innovationen fördern. Erst dann lohnen sich Maschinen, um die Produktivität zu steigern. Wozu sollte ich in Kapital investieren, wenn ich meine Gewinne steigern kann indem ich die Löhne senken. Die Idee, dass aus höheren Gewinnen automatisch höhere Investitionen folgen ist absurd. Unternehmen ändern nur etwas, wenn sie müssen und nicht weil sie können. 

Chris

16 Kommentare:

  1. Na das war doch das Ziel von Hartz-IV, die Löhne so weit zu drücken, dass sie gegen Maschinen konkurrenzfähig sind.

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    1. Dabei hat man vergessen, dass die Unternehmen keine Investitionen mehr tätigen müssen und die Entwicklung stagniert. Statt hochwertiger Produkte gibt es Luxus und Ramsch.

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    2. Wer sagt, dass diese Entwicklung per se schlecht ist? Es geht doch immer um Arbeitsplätze und deren Erhalt. Schon 1993 hat Cleverle Lothar Späth ausrechnen lassen, dass die volle Ausnutzung des Automatisierungspotenzials in BaWü eine Arbeitslosenquote von 38% zur Folge gehabt hätte. Mit Hartz IV hat man den Marktgott noch etwas gnädiger gestimmt...

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    3. "Es geht doch immer um Arbeitsplätze und deren Erhalt."

      Die Frage ist, ob dieses Konzept sinnvoll ist. Eigentlich sollte es das Ziel sein möglichst gut versorgt zu sein, bei möglichst viel Freizeit. Trotz eines unvergleichlichen Produktivitätsbooms arbeiten wir immer noch sehr viel.

      "Ausnutzung des Automatisierungspotenzials in BaWü eine Arbeitslosenquote von 38%"
      Von solchen Zahlen halte ich nicht viel. Sie sind reine Spekulation. Vor allem, wenn man sich ansieht, welche Interessensgruppe vertreten wird. Der Zuwachs an Produktivität zu Beginn der Industrialisierung war weit dramatischer als heute. Dort gab es auch immer wieder neue Beschäftigungsmöglichkeiten.

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    4. Bei solchen Modellrechnungen geht es nur um die Abschätzung von Größenordnungen, die ich in dem Fall für realistisch halte bezogen auf die heutige Zeit vielleicht sogar ein wenig unterschätzt. Meines Erachtens liegt es auf der Hand, dass noch weit mehr Jobs eingespart werden könnten, Niedriglöhne so eine Art Gnadenbrot für im Grunde Überflüssige darstellen. Braucht es tatsächlich noch Kassierer_innen, Gabestaplerfahrer_innen usw.? Deswegen wäre die einzig sinnvolle Forderung die nach Arbeitszeitverkürzung, die irgendwie mit einer Sinnfrage oder Zielfrage verknüpft werden müsste, was aber dem neoliberalen Zeitgeist widerspräche, in dem das Ziel der Markt ist...

      Mir sind jetzt nur belastbare Zahlen zur Produktivität aus den letzten Jahrzehnten bekannt, die sich aber auch gewaltig ausnehmen. Vgl.: http://content.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/916564_0_9223_-interview-langfristig-wird-die-arbeit-verschwinden-.html

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    5. "die ich in dem Fall für realistisch halte bezogen auf die heutige Zeit vielleicht sogar ein wenig unterschätzt."

      Ich halte sie nicht für überschätzt. In Krankenhäusern, in der Pflege von Personen, Putzkräften und vielem mehr, arbeiten die Menschen am Limit. Das heißt es könnten mehr Menschen dort arbeiten und die Arbeit wäre auch vorhanden, nur stellt niemand ein.
      Wenn ich mir die Straßen und Brücken in Deutschland ansehe, dann gibt es offensichtlich genug zu bauen. Viele Häuser sind nicht gut isoliert und könnten modernisiert werden. Wenn der Ausbau der Energienetze ordentlich vorangetrieben würde, wäre auch ein deutlich höherer Bedarf an Arbeitkräften vorhanden. Das sind nur einige Beispiele die zeigen, dass Arbeit Haufenweise vorhanden ist. Sie muss halt bezahlt werden. Das passiert aber nicht, wenn der Staat sich selbst kastriert und die Arbeitnehmer keine vernünftigen Löhne erhalten.

      "Produktivität"
      Schon richtig, dass die Produktivität gestiegen ist, aber die Zahl der Arbeitnehmer sinkt. Folglich braucht man diese Steigerung, um die alterende Bevölkerung zu versorgen. Ich widerspreche auch nicht, dass Arbeitsplätze wegfallen. Allerdings hat der Kapitalismus gezeigt, dass immer auch neue geschaffen werden.
      In meinen Augen ist das wesentliche Problem heute, dass die Arbeitnehmer nicht an den Zuwächsen partizipieren. Weil sie das nicht tun, gibt es weniger Investitionen und eine geringere Nachfrage. Die Investionen würden getätigt, um die Produktivität zu steigern und/oder mehr Güter abszusetzen. Stattdessen stagniert der Binnenmarkt und die Gewinne werden als Auslandskredite bei Schuldenschnitten versenkt.

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  2. Gesetzt der Fall man kann die BRD seit 1945 als kapitalistisches Land bezeichnen: Warum gibt es dann seit den 1970ern wieder Massenarbeitslosigkeit, als die BRD ein Hochlohnland war? Oder ist die Schaffung neuer Beschäftigung durch den Kapitalismus nicht invariant gegenüber der herrschenden Politik?

    Was den Glauben an den Kapitalismus betrifft, scheint mir der Neoliberalismus wie keine zweite Ideologie gefestigt zu sein. Dagegen muss eine sozialliberale Programmatik sich erst einmal durchsetzen, sofern man sie dem Kapital schmackhaft machen will...

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    1. In den 70ern gab es die Stagflation. Hohe Inflation bei niedrigen Wachstumsraten. Ursächlich hierfür waren die Ölpreise. Diese ließen die Preise stark steigen. Daraufhin zogen die Löhne nach und die Inflation stieg. Das konnte die herrschende Lehre der Ökonomie nicht erklären und die neoliberalen Ökonomen traten auf den Plan. Seit dieser Zeit wurden die Arbeitnehmer nicht mehr vollständig am Produktivitätszuwachs beteiligt. Beschleungigt wurde dies durch den Zusammenbruch des Ostblocks. Man konnte den Menschen Angst machen und sie waren bereit weniger Löhne zu akzeptieren.

      Wenn die Arbeitnehmer an den Produktivitätszuwächsen nicht beteiligt werden, dann muss es zwangsläufig Arbeitslosigkeit geben. Die Beteiligung kann mehr Lohn oder weniger Arbeitszeit bei vollständigem Lohnausgleich bedeuten. In einem Fall werden die zusätzlichen Güter konsumiert, im anderen wird pro Kopf weniger gearbeitet. Beides ist eine Frage der Politik und keine Gesetzmäßigkeit die aus den Zuwächsen der Produktivität per se stammt.
      Wenn nur die Produktivität verantwortlich gewesen wäre, warum gab es 20 Jahre Vollbeschäftigung? Dort stieg die Produktivität auch. Trotzdem lief es.

      "Was den Glauben an den Kapitalismus betrifft, scheint mir der Neoliberalismus wie keine zweite Ideologie gefestigt zu sein. "
      Der Vorteil und Charme des Neoliberalismus liegt darin begründet, dass er auf komplexe Fragen sehr einfache Antworten bietet. Diese Antworten stimmen mit der Alltagserfahrung überein (Staat als schwäbische Hausfrau). Somit kann man diese Ideologie den Menschen einfach verkaufen und der nette Nebeneffekt ist, dass man auch noch Gewinne dabei macht.

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    2. Als Reaktion auf das Abflauen des Nachkriegsbooms erfolgte das erste Mal in der Geschichte auf breiter Front eine an Keynes angelehnte Wirtschaftspolitik fast aller Industrieländer, und erst nach dem Scheitern der Nachfragepolitik schlug die Stunde des Neoliberalismus. Die Faustformel bzw. das stilisierte Faktum, wie man im Ökonomenjargon sagt, je höher die Inflation, desto niedriger die Arbeitslosigkeit stimmte nicht mehr.

      Trotz der geistig moralischen Wende blieb die BRD in den 1980ern ein Hochlohnland, die Arbeitslosigkeit ging nach den Ölpreisschocks aber nicht zurück, obwohl eine massive Frühverrentungspraxis einsetzte. Also war man in der Kohlära nur zu blöd, diese Zeichen der Zeit zu erkennen, und hätte die Wirtschaft wieder durch entsprechend der Produktivität höhere Löhne ankurbeln müssen, weil nur dann die Fähigkeit des Kapitalismus zur Schaffung neuer Beschäftigung zum Tragen gekommen wäre oder wie?

      Zur Gegenfrage: Zu nennen wären der Wiederaufbau nach dem Krieg, die Verfügbarkeit bestimmter Produktgruppen (Auto, Haushaltselektronik etc.) für die Masse der Bevölkerung mit noch arbeitsintensiver Fertigung und Wartung. Ohne Zweifel war dies eine Prosperitätsphase, die ab dem Ende der 1960er die ersten Risse bekam. Ich kann die Nostalgiker da durchaus verstehen, nur hat die mikroelektronische Revolution zusammen mit der gestiegenen politischen Macht des Kapitals und anderen Ursachen diesen glorreichen Zustand beendet.

      Der Charme des Neoliberalismus besteht für die wirtschaftlichen Eliten eher darin, dass sie die Träger der Marktevolution sind.

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  3. "Also war man in der Kohlära nur zu blöd, diese Zeichen der Zeit zu erkennen, und hätte die Wirtschaft wieder durch entsprechend der Produktivität höhere Löhne ankurbeln müssen"

    Vielleicht, vielleicht auch nicht. Das Problem ist, dass viele meinen sie wissen wie es läuft, aber es eigentlich keiner weiß.
    Vielleicht hast du Recht, vielleicht auch nicht. Der Untergang der Kapitalismus und die Abschaffung der Arbeit wurde schon oft postuliert und immer lag man falsch.
    Einige Punkte
    Man sollte sich eventuell nicht nur auf Deutschland fokussieren.
    Aussagen über Arbeit und Arbeitsplätze sind schwierig, da sich die Methodik zur Auswertung und Bewertung ständig ändert.

    "Zur Gegenfrage"
    Wie bereits beschrieben gibt es immer noch jede Menge Arbeit. Ich kenne einige Ärzte die mehr als 50 Stunden die Woche arbeiten, weil es nicht genug Personal gibt. In der Kranken- und Altenpflege sieht es nicht besser aus. Auch gibt es zu wenig Kindergärten, bei der Bahn fehlt es an Personal.

    "Der Charme des Neoliberalismus besteht für die wirtschaftlichen Eliten eher darin, dass sie die Träger der Marktevolution sind. "
    Natürlich. Aber die Ideologie muss auch verkauft werden. Das geht sehr gut, weil die Antworten einfach sind.

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    1. Nun, ich stelle in der Kapitalismuskritik vielmehr ab auf die Schwachsinnigkeit des Systems, das natürlich mit dem amerikanischen Traum den wohl zähesten Mythos hervorgebracht hat, den man sich nur denken kann. Für Schwachsinn halte ich die Diskrepanz zwischen der Binnenrationalität der Gewinnmaximierung und der fast völligen Indifferenz gegenüber dem, womit dieser Gewinn erzielt wird. Wer es schafft, Hundehaufen als Wellnessprodukt an den Mann oder die Frau zu bringen, ist in der Marktwirtschaft ein Held! Wenn die Leute aus Muße Unfug machen, finde ich das ok, aber doch nicht als Teil eines unnötigen Überlebenskampfes.

      Anstatt also danach zu streben möglichst wenig zu arbeiten, wird alles dafür getan, dass noch möglichst viel gearbeitet wird egal zu welchem Preis und Zweck. Für das Gros der Menschen bedeutet das Unterwerfung unter die Marktkräfte, die auch noch als Freiheit verkauft wird. Dass in bestimmten Berufszweigen Leute fehlen, liegt u.a. an den Tätigkeiten, die mit zum Job gehören. Wenn man das Windelwechseln im Siechtum befindlicher alter Menschen mit einem Roboter erledigen könnte, frage ich mich, warum man nicht alles daran setzen sollte, so ein Gerät zu entwickeln.

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    2. "Schwachsinnigkeit des Systems"
      Jedes System kann schwachsinnige Elemente entwickeln. Das liegt daran, dass Menschen beteiligt sind.

      "amerikanischen Traum den wohl zähesten Mythos hervorgebracht hat"
      In Deutschland würde ich sagen ist der zäheste Mythos Bildung. Bilde dich und du wirst was. Dabei ist Bildung eine Relativgröße. Nur wenn man besser gebildet ist als die anderen kann man profitieren. Es können aber nicht alle besser sein als die anderen.

      Der Mythos zeigt sich daran, dass Akademiker erwarten mehr Gehalt zu bekommen, weil sie besser gebildet sind. Im gleichen Atemzug meinen sie die Löhne werden vom Markt bestimmt. In den Personalabteilungen und leitenden Positionen sind meist Akademiker die die Löhne festlegen. Eine selbstbewahrheitende Vorhersage.
      In meinen Augen zeigt dieses Beispiel, wie subtil man selbst im System gefangen ist und von den Vorteilen profitiert. Auf höheren Ebenen wird die Wahrnehmung ähnlich sein.

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  4. „Jedes System kann schwachsinnige Elemente entwickeln. Das liegt daran, dass Menschen beteiligt sind.”
    Vermutlich brauchen wir die Unvernunft sogar, um die Vernunft schätzen zu können, nur hat die Anbetung der Marktwirtschaft zur Folge, dass die ökonomische Binnenrationalität eine alles überragende Bedeutung erhält bis in die persönlichen Beziehungen der Menschen hinein. Alles wird zum ökonomischen Kalkül, muss sich rechnen, obwohl es von einer Außenperspektive völlig unvernünftig erscheinen kann.

    Der Bildungsbegriff ist etwas, was die deutsche von vielen anderen Kulturen unterscheidet, geht zurück auf Meister Eckhardt, wenn ich mich recht entsinne, und meint, zu lernen, um sich zu der Person, die man sein möchte, zu formen und zwar eigentlich zweckfrei. Alles andere würde ich als Ausbildung bezeichnen, Bildung gibt es so gesehen kaum noch. Gary Beckers Humankapitalansatz könnte man daher als die Übersetzung des amerikanischen Traums für die Selektionsanstalten von Schule und Universität begreifen, was an der Grundaussage aber n

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  5. nichts ändert: Jede/r kann es schaffen.

    (Sorry, hab' das nicht mit kopiert aus dem Texteditor...)

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  6. "Alles wird zum ökonomischen Kalkül, muss sich rechnen, obwohl es von einer Außenperspektive völlig unvernünftig erscheinen kann. "

    Ich gehe vollständig mit. Meine Hoffnung ist, dass es die Menschen irgendwann leid sind.

    "zu formen und zwar eigentlich zweckfrei. Alles andere würde ich als Ausbildung bezeichnen, Bildung gibt es so gesehen kaum noch. "
    Stimmt genau. Bei der Forschung an den Universitäten sollte es ähnlich aussehen. Forschen, um des Forschens willen. Da gibt es Menschen die sagen, dass das nichts bringt. Es bringt aber einen Erkenntnisgewinn. Vor dem Computerzeitalter hätte kaum jemand die Zahlentheorie der Mathematik irgendwie für wichtig befunden. Jetzt braucht man sie u.a. für die Crypthographie. Wir können kaum bis morgen planen, wollen aber wissen was wichtig und unwichtig ist. Das Glaubssystem Marktwirtschaft ist eine Art Religion. Im Gegensatz zu den klassischen Religionen die wenigstens Nächstenliebe geheuchelt haben, hält sich diese nicht damit auf.

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