Donnerstag, 17. Februar 2011

Wettbewerbsfähigkeit

Wettbewerb ist das heilige Mantra der Marktwirtschaft. Existiert genug davon, dann werden sich alle Probleme in Luft auflösen. Ein gewisser Dr. Rolf Kroker auf der INSM Blog kommt zu dem Schluss, dass stark schuldenbelastete Staaten wie Griechenland wettbewerbsfähiger werden müssen. Dies ist in so weit richtig, weil sie nur dadurch Außenhandelsdefizite abbauen können. Er stellt hierfür einen sechs Punkte Plan vor:

Um sein Ziel zu erreichen, sieht der so genannte „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ sechs Maßnahmen vor:

  1. Die verfassungsrechtliche Verankerung einer Schuldenbremse
  2. Die Einführung nationaler Krisenbewältigungsregime für Banken
  3. Die Anpassung des Rentensystems an die demographische Entwicklung
  4. Die gegenseitige Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen zur Förderung der Arbeitsmobilität in Europa
  5. Den Verzicht auf inflationsbedingte Lohnindexierungen
  6. Die Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer
Die Frage ist, ob sich mit diesen Vorschlägen tatsächlich die Ungleichheit innerhalb der EU abbauen lässt.
Punkt 1: Man kann von einer Schuldenbremse halten was man will. Auf jeden Fall nimmt sie den Staaten den Spielraum innerhalb von Krisen zu agieren. Aktuell sehe ich folgendes Problem. Um einen Schuldenstopp zu erreichen gibt es Wachstum und Sparen. Mit dem Sparen versucht sich Griechenland gerade. Im Gegenzug bricht die Wirtschaftskraft des Landes ein. Die Investitionen gehen zurück und die Arbeitslosigkeit steigt. Ein wirtschaftlicher Aufholprozess sieht anders aus. Während der langen Talsohle der Depression können die anderen EU Länder weiter wachsen. Der Abstand nimmt also eher zu als ab.

Punkt 2: Ein nationales Krisenbewältigungsregime für Banken ist nett gemeint, wird der EU allerdings nicht helfen. Ziel soll der Wettbewerb sein. So wurden in Irland die Banken ins Land gelockt, indem man ihnen niedrige Steuern gewährte. Das Irland jetzt auf rein nationaler Ebene diese Banken stützen soll halte ich für unmöglich. Der Druck für eine Rettung wird aus dem Ausland kommen. Gleichzeitig dürfen aber keine neuen Schulden aufgenommen werden. Dies ist vielleicht ein netter Ansatz, aber im Endeffekt unrealistisch. Die Staaten müssten im Vorfeld überlegen, ob sie sich einen Crash der Banken leisten könnten oder nicht. Dementsprechend werden diese dann zugelassen. In einem freien Markt gestaltet das sich mehr als schwierig.

Punkt 3: Die Anpassung des Rentensystems an die demographische Entwicklung fördert in meinen Augen nicht die Wettbewerbsfähigkeit. Die Erhöhung des Renteneintrittsalters macht in meinen Augen genau dann Sinn, wenn die Arbeitslosigkeit sehr niedrig ist. Genau dann gibt es nicht genug Menschen, welche die Güter für die Bevölkerung produzieren. Interessanter ist die Quote Arbeit/nicht Arbeit. Da sieht man, dass die arbeitende Bevölkerung zwar mehr Rentner durchfüttern muss, aber weniger Arbeitslose. Das ein Land produktiver wird, weil die Menschen später in Rente gehen ist zu bezweifeln. Durch die höher Zahl Menschen am Arbeitsmarkt steigt der Lohndruck nach unten. Dies führt zum sinken der Löhne. Führt man dies konsequent in ganz Europa ein, dann passiert nichts.

Punkt 4: Dieser Punkt ist in meinen Augen einer unsinnigsten. Für die Menschen ist es durchaus zu wünschen, dass sie sich frei auf dem europäischen Markt bewegen können. Für sie ist es gut, wenn sie ohne Probleme im Ausland Arbeit finden. Wieso wird dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der armen Länder gesteigert. In ihrem Interesse wäre es, wenn die gut ausgebildeten Menschen im Land blieben. Der Vergleich zum Fußball drängt sich auf. Bayern München ist nicht erfolgreich, weil sie aus München kommen. Sie sind erfolgreich, weil sie das Geld haben um sich talentierte Spieler zu kaufen. Durch diese Talente gewinnen sie regelmäßig die Meisterschaft und haben somit wieder Geld um sich die Talente zu kaufen. Ein absolut freier Arbeitsmarkt bedeutet, dass für die talentierten Spieler nicht einmal mehr Ablöse bezahlt werden muss. Wie dies kleinen Mannschaften helfen soll mit den großen gleichzuziehen erschließt sich mir nicht.

Punkt 5: Löhne sollten (zumindest im privaten Sektor) zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern ausgehandelt werden. Wenn die Löhne schwächer als die Inflation steigen, dann fällt die Kaufkraft. Dies kommt den Effekten der Sparprogramme mittelfristig schon sehr nahe. Nicht alle Länder der EU können Netto mehr exportieren. Irgendjemand muss die Importe Schultern. Da die starken Länder mittelfristig nachziehen werden, steigert man mit dieser Methode weder den Wohlstand noch den Wettbewerb.

Punkt 6: Ich halte es mit Heiner Flassbeck, welcher sinngemäß meinte: "Das Problem ist nicht die Besteuerung, sondern was besteuert wird." Man kann zwar eine einheitliche Bemessungsgrundlage festlegen, aber wenn weiterhin von den Ländern definiert wird was zum Einkommen gehört und was nicht, dann wird es weiterhin kompliziert bleiben (Dividenden waren in Deutschland mal Einkommen). Man kann diesen Vorschlag also leicht umgehen.

Man sieht an dem Programm, dass es die Probleme im wesentlichen auf nationaler Ebene angehen will. Europa ist aber ein gemeinsamer Wirtschaftsraum mit einer einheitlichen Währung. All die vorgeschlagenen Elemente können (ob sinnvoll oder nicht) ebenso von den starken Ländern durchgeführt werden. Es herrscht also ein Wettbewerb zwischen Löhnen auf den Rücken der Arbeitnehmer. Innovation und Wohlstand wird dadurch nicht gefördert.

Chris

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