Montag, 18. November 2013

Oswald Metzger zum Exportüberschuss

Herr Oswald Metzger kann es nicht lassen. Sein kurzsichtiger, ideologische Blick ist einfach nur peinlich. Das schlägt sich in seinem aktuellen Traktakt nieder. Ich frage mich wie viel Geld er für einen solchen Text bekommt.  
Es war nur eine Frage der Zeit, bis das “Frühwarnsystem für übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte” aus der sogenannte Six-Pack-Regelung der EU vom Dezember 2011 erstmals greift. Nicht nur Haushaltsdefizit-Sünderländer, sondern auch Leistungsbilanzüberschußländer sollen in den Fokus von Sanktionsmechanismen geraten. 

Metzger ignoriert hier, dass Schäuble himself diese Sanktionsmechanismen zuließ. Er setzte sie so deutschlandfreundlichwie möglich durch. Er konnte ja nicht erwarten, dass nur einige Jahre die viel zu hoch gesteckte Grenze gleich zwei mal gerissen wird.
Jetzt stehen also wir Deutschen in der Kritik, weil wir zu leistungsstark sind und unsere Güter und Dienstleistungen in Europa und global so stark nachgefragt werden. Wir verkaufen seit Jahren deutlich mehr an unsere Handelspartner als sie im Saldo bei uns einkaufen. 

Metzger ignoriert, dass wir Deutschen schon lange in der Kritik stehen. Das würde er wissen, wenn er statt der deutschen Mainstreamökonomen und -presse, in die Welt schauen würde. Krugmann, Flassbeck und auch Stiglitz sprachen Probleme mit der Exportfixiertheit an. Nicht alles war und ist auch Deutschland bezogen, aber der Tenor ist gleich. Außenhandelsschulden können nur durch Exporte beglichen werden. Wenn Deutschland seinen Überschuss abbauen will, muss es mehr importieren als exportieren. Auch wenn "Experten" wie Oswald Metzger meinen, das sei Ideologie, es ist eine logische Konsequenz der Handelsbilanzierung. 
Doch unser Land erlebte auch schon andere Zeiten. Deutschland galt zu Beginn des letzten Jahrzehnts als der kranke Mann Europas, mit deutlich zu hohen Arbeitskosten und einer exorbitant gestiegenen Staatsverschuldung. Als Folge der Wiedervereinigung stiegen in kürzester Zeit die staatlich induzierten Lohnzusatzkosten um 7 Prozentpunkte. Ein satter Anteil der Wende-Kosten wurde auf den Faktor Arbeit abgewälzt. Die Folge waren über viele Jahre hinweg stagnierende, wenn nicht gar sinkende Reallöhne.


Die Wiedervereinigung war teuer. Das streitet niemand ab. Das die Kosten auf den Faktor Arbeit abgewälzt werden ist logisch und nicht irgendwie besonders. Letztenendes können nur diejenigen, welche die Wirtschaftsleistung erbringen die Wirtschaftsleistung erbringen ;). Gewinne, Steuern, etc. werden immer aus der Wirtschaftsleistung abgeschöpft und in irgendeiner Form umverteilt. Das insbesondere die Löhne litten, ist richtig. Was Oswald Metzger verscheigt ist, dass die Bruttolöhne in den 90ern immerhin noch gestiegen sind. Das war nach der Agenda 2010, welche er mitgetragen hat, anders.
Reformpolitik ist in der Demokratie offenbar nur in Krisenzeiten durchsetzbar. Die Agenda 2010 in der zweiten rot-grünen Regierungszeit war Ausdruck des politischen Willens, aus eigener Kraft mit einer Vielzahl von Reformen aus dem Tal der Tränen herauszukommen. Eine Allparteienkonstellation – Union und FDP beherrschten damals den Bundesrat – setzte umfangreiche Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreformen durch. Die verschafften unserem Land in den vergangenen acht Jahren, trotz der Rezession in Folge der Finanzkrise 2008/2009, eine solide Agenda-Reformrendite.

Der Beweis fehlt. Er wäre auch nicht einfach zu erbringen. Schaut man sich die Wachstumsdaten bis zu Krise an, dann war Deutschland nicht so erfolgreich. Frankreich sah etwas besser aus, brach während der Krise weniger ein als Deutschland. Eine Reformredite würde zudem bedeuten, dass die Menschen von ihr profitieren. Sinkende Löhne sprechen dagegen. Arbeit, um der Arbeit Willen ist kein Erfolg. Sonst wären Sklaven die glücklichsten Menschen der Welt gewesen. Schließlich hatten sie Arbeit. Somit ist der Satz
Das war letztendlich auch der Lohn einer fünfzehnjährigen Durststrecke für einen Großteil der Bevölkerung.

an Zynismus kaum zu überbieten. Der Lohn der Durststrecke der Bevölkerung war, ein niedrigeres Einkommen, weniger Arbeitsrechte, Hartz 4 nach einem Jahr egal wie lange man vorher gearbeitet hat, Sanktionsmaßnahmen durch die Arbeitsagentur für Arbeit. Wenn das ein Lohn ist, möchte ich nicht wissen, was Oswald Metzger unter Strafe versteht.
In derselben Zeit, als in Deutschland Einkommens-Tristesse herrschte, verbuchten zahlreiche Euro-Mitgliedsstaaten schier unglaubliche Zins-Renditen. Mit der Entscheidung für die Euro-Einführung sanken bereits ab Ende der Neunziger Jahre die Refinanzierungskosten für Staats- wie Privatschulden erheblich. Doch statt die Entlastung zum Abbau der schon hohen Verschuldung zu nutzen, machten viele Länder in Südeuropa und ihre Bürger erst recht Schulden.

Dieser Absatz stimmt nur bedingt. Spanien war deutlich geringer verschuldet als Deutschland. Italien war vor der Euroeinführung hoch verschuldet und hatte nie Probleme die Zinsen zu bedienen. Griechenland ist das einzige Land, wo sich der Staat mehr verschuldet hat. Allen gemein ist, dass die Zielinflationsrate von 2% etwas überschritten wurde. Deutschland unterschritt diese Zielrate deutlich. Es wird zudem ausgeblendet, dass viele Investitionen in Infrastruktur und Maschinen getätigt wurden.  
Dass im Euro-Profitland Deutschland, so die allzeit erzählte offizielle Mär, zur gleichen Zeit die Arbeitslosigkeit auf Rekordhöhen explodierte und Millionen Menschen die Kürzung ihrer Realeinkommen und Einschnitte in soziale Leistungen hinzunehmen hatten, wird heute komplett ausgeblendet.

Die bösen Südländer sind also Schuld an den sinkenden deutschen Löhnen. So ließt sich zumindest dieser Teil. Metzger ignoriert weiterhin, dass die Arbeitslosenquote zwar zurückging, die Arbeitszeit faktisch nicht stieg. Minijobs sorgten dafür, dass gerade die Teilzeitarbeit stieg, ein Pyrossieg, den er mit seiner Zustimmung zur Agendareform mitzuverantworten hat. 
Auch als in unserem Land 2006 die stufenweise Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre beschlossen wurde, dachten die meisten anderen europäischen EU-Mitgliedsstaaten noch lange nicht daran, auf ihre ebenfalls alternde Bevölkerung entsprechend zu reagieren.

Zur bösen Demographie hat Metzger viel geschrieben und viel von seinem begrenzten Wirtschaftsverständnis in die Welt getragen. Die Rente mit 67 war faktisch eine Rentenkürzung. Es sollte hiermit die Belastung der Arbeitnehmer gesenkt werden. Diese sollten für das eingesparte Geld privat vorsorgen. Faktisch müssen sie mehr sparen, um die Verluste auszugleichen. Weiterhin müssen sie irgendwo sparen. Da sich niemand in der Metzgerischen Welt verschulden soll, ist das Gesamtkonzept zum scheitern verdammt. Davon abgesehen wird, mal wieder, die Produktivität nicht erwähnt. Nach der Metzgerlogik müssten afrikanische Länder die höchsten Renten weltweit haben. Sehr wenige Alte aber unmengen an jungen Menschen. Jeder weiß das es bezogen auf wirtschaftlich schwache Länder Unsinn ist. Das die Zusammenhänge auch für wirtschaftlich starke Länder gelten wird ignoriert.
Diese Geschichte wird von der deutschen Politik in Europa nicht erzählt. Sie spielt auch in den aktuellen Koalitionsverhandlungen in Berlin keine Rolle. Die große “Wünsch-dir-was-Koalition” ist drauf und dran, die Reformrenditen in Deutschland zu verspielen. 

Ohne die Rendite aufzuzeigen, ohne die Vorteile der Reformen darzustellen, ist diese Schlussfolgerung sehr wackelig. 
Die Regulierungsdichte des Arbeitsmarkts wird erneut erhöht, obwohl dessen Flexibilisierung eine der tragenden Säulen des Erfolgs der Agenda-Politik darstellt.

Es gibt Studien die zeigen, dass Stabilität und Sicherheit am Arbeitsmarkt positive Effekte auf die Beschäftigung haben. Das ist nachvollziehbar. Die Unternehmen können langfristiger planen, da die Konkurrenz nicht mal eben deutlich billiger produzieren kann. Die Menschen sind motivierter, Weiterbildungen lohnen sich, etc. Zudem werden in Krisen nicht so viele Menschen entlassen und es kommt zu keiner Verschärfung der Selbigen. Die Kurzarbeit hat gezeigt, dass ein "starrer" Arbeitsmarkt Krisen bremsen kann.

In der Rente wird mit dem Geld geaast, als ob wir keine demographischen Probleme hätten. Mich beschleicht das Gefühl, dass die deutsche Politik dem schlechten Vorbild der Südeuropäer folgt, die vor mehr als einem Jahrzehnt ganz leichtfertig ihre Euro-Zinsrendite verspielten. Bei uns wird die Rendite der eigenen Reformanstrengungen verspielt. 

Wenn niedrige Renten, niedrige Löhne, steigende Ungleichverteilung der Vermögen und Einkommen die Rendite der Reformen sind, dann soll man sie bitte verspielen.
Geschichte scheint sich zu wiederholen.

Damit hat Metzger recht. Nach dem 1.WK sollte Deutschland Reparationen zahlen. Gleichzeitig durfte es nicht mehr exportieren als importieren. Wie sollte es also die Zahlungen leisten? Kredite waren das Zauberwort. Die hohe Verschuldung führt zu Problemen, als die Kredite in der Weltwirtschaftskrise wieder abgezogen wurden. Die Fehler werden wiederholt.

Fazit
Metzger könnte auf einen Jahrmarkt gehen und Karten legen. Er redet von Renditen und vom Lohn einer Reform. Dabei erläutert er nicht was er meint. Somit kann es alles und nichts bedeuten. Sein Fazit lautet, dass Deutschland sich gegeißelt hat, um seine Exportindustrie zu stützen. Alle anderen müssen es auch so machen, da wir sonst zugeben müssten, dass wir falsch lagen. Metzger vertritt den Standpunkt vieler Deutschen. Er denkt an Kartoffelmärkte und BWL Modelle und vergisst, dass Volkswirtschaften nicht sparen können. Viel Ideologie wenig Inhalt.

Chris

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