Mittwoch, 27. April 2016

Die Untiefen der Internets

Ich habe mich in den letzten Wochen ein wenig in den Untiefen des Internets herumgetrieben. Dort glaubt man an eine flache Erde und manch anderes merkwürdiges Zeug. Im Grunde ist das auch nicht wichtig was geglaubt wird, sondern wie. Man kann versuchen zu argumentieren oder Belege für die fehlerhafte Annahme einer flachen Erde bringen, es bringt nichts. Raumfahrt ist eine große Lüge und die ISS existiert nicht. So sind die Antworten der Gläubigen. Das sie gerade ihr GPS im Handy nutzen oder das man die ISS sehen kann stört da wenig. 
Erstaunlich ist, dass man es selbst bei dieser offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der Argumente schafft Menschen dazu zu bewegen daran zu glauben. Das Problem ist nun, wenn das bei einer flachen Erde gelingt, dann wird es bei Wirtschaftsthemen und der Flüchtlingsproblematik noch viel schwieriger sein Menschen dazu zu bewegen ihre Thesen zu hinterfragen. Dort gibt es eben keine ISS die herumfliegt, sondern unendlich viele Statistiken und Thesen. Manche sind plausibler als andere, aber niemand hat die korrekte Antwort. Häufig werden die falschen Fragen gestellt. Die Frage sollte nicht lauten, was ist richtig oder falsch, sondern wie willst du deine Thesen widerlegen. Stellt man diese Frage, beispielsweise bei Mindestlohngegnern, gibt es keine Antwort mehr. Jeder sollte sich diese Frage stellen. Was bräuchte ich für einen Nachweis, dass ich einsehen würde, dass meine Thesen falsch sind. Wie kann man diesen Nachweis erstellen. Dann kann ich meine Thesen prüfen. Selten bis nie findet man solche Analysen in der Öffentlichkeit. Nach bestimmten Ereignissen wird munter innerhalb der eigenen Gedanken argumentiert und die richtige Lösung gefunden. Dies gilt für die neoliberalen Sturmgeschütze ebenso wie für viele der Linken. Beide Seiten müssen sich erklären. Die Linken haben es etwas einfacher. Ihre Argumente standen noch nicht auf dem Prüfstand. Bei den Neoliberalen sieht es anders aus. Sie schrieben, dass der Mindestlohn Millionen Arbeitsplätze kosten wird. Das ist eine These. Hätten sie nun geschrieben, wir testen diese These in 2 Jahren und sie lägen daneben, dann müssten sie ihre These zurückziehen. Das Gegenteil ist der Fall. 
Das heißt in den aktuellen Gesellschaftsdebatten befinden wir uns auf dem Niveau einer flachen Erde Debatte. Die Fronten stehen fest und Meinungen werden nicht verändert. Sie stehen fest. Es werden nur Belege zur Untermauerung der eigenen Thesen gesucht.
Eine Anmerkung hierzu. Diese Strategie wird auch in den Untiefen des Internets verfolgt. Je kruder die Debatte, desto kruder die Schreiber die dort auftauchen. So werden Holocaustleugner ebensogerne zitiert wie fragwürdige Ausländerstatistiken. Kritik an diesen Quellen wird mit dem Vorwurf man denke nicht kritisch genug abgetan. Schreibt man weiter, dann wird man angeblich von irgendjemandem bezahlt. Man findet hier den ganzen Mikrokosmos der aktuellen Debatten
--> behaupten --> irgendwie belegen (am besten mit einem Institut, Buch oder Professor) --> dikreditieren. Das ist das Niveau auf dem wir uns bewegen. Dabei gibt es eine Menge fragen die man stellen und diskutieren sollten. Nur eine, weil ich diesen Gedanken gerade gelesen habe.
Wieso können wir unendlichen Reichtum anhäufen, aber nur eine begrenzt Haften. Die begrenzte Haftung ist nachvollziehbar. Wenn jemand einen Schaden von 1 Millionen Euro erzeugt und nur 1000 Euro hat, dann kann er eben nicht mit mehr haften. Bei den Gewinnen sieht es anders aus. Warum eigentlich. Warum werden Vermögen vererbt, Schulden aber nicht und somit der Allgemeinheit aufgedrückt? Das sind interessante Fragen die man stellen muss. Denn daraus ergeben sich Schlussfolgerungen wie wir unsere Gesellschaft gestalten wollen.

Chris

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