Donnerstag, 10. Juni 2021

Ein Kurzreview der Studie über die Nachhaltigkeit der Rentenversicherung

Die Diskussion zur Rentenversicherung basiert auf dieser Studie. Ich bin skeptisch, ob diese wirklich begutachtet wurde. In meinen Augen sind einige Fehler enthalten, bzw. die getroffenen Annahmen und Schlussfolgerungen sind intransparent und nicht nachvollziehbar. Hier ein paar Beispiele:

Abb. 2-1 zeigt die Entwicklung der Erwerbstätigen. Das Problem mit diesen Werten ist nun, dass nicht alle dieser Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente (um die es ja geht) einzahlen. Es sind nur knapp 85%. Die Analyse müsste eigentlich auf dieser Datenbasis agieren. Im Extremfall würde sich nichts an den Rentenkosten ändern, wenn die Verringerung der Erwerbstätigen eben keine gesetzlich versicherten sind. Dieser Extremfall verdeutlicht, dass die Analyse einen Fehler enthält, da nur die Rentenversicherten einzahlen und beziehen.

Abb. 2-2 behauptet einen Anstieg. Auf welcher Bais denn bitte? In den letzten 30 Jahren ist die Ausgabenquote ziemlich konstant und im wesentlichen durch die BIP Entwicklung getrieben

https://de.statista.com/sta...

Warum solte sie dieser Zusammenhang jetzt deutlich ändern?
Die Begründung

"Der Rückgang der Erwerbspersonenzahl hat bei gleichzeitig steigender Zahl von Menschen im Ruhestand langfristige Auswirkungen auf die staatliche Ausgaben-und Einnahmenquote"
ist fragwürdig. Warum muss das so sein? Wenn es weniger Erwerbstätige gibt, dann steigen die Löhne, da die Rentner eine Nachfrage generieren. Wenn dem so ist, dann wird mehr in Produktivität investiert oder die Produkte werden teuerer. So oder so sehe ich das Problem nicht. Weiterhins setzt die Studie voraus, dass viele der in Rente gehende wesentliche Beiträge bei der Wertschöpfung leisteten. Was ich meine ist folgendes. Wenn eine Person die vorher aus Steuergeldern (Staatsausgaben) finanziert wurde in Rente geht, dann sinken ggf. die Staatsausgaben, weil die Rente geringer ist als der Lohn. Wurde dieser Effekt berücksichtigt? Wahrscheinlich nicht. Da weder Modelle noch Annahmen irgendwo aufgeführt sind, ist es schwierig nachzuvollziehen.

Ein weiterer Punkt ist, die versicherungsfremden Leistungen werden nirgendwo erwähnt. Die sind bei den steuerlichen Zuschüssen aber relevant.

Mein letzter Punkt, der die Analyse komplett unseriös macht. Wo ist die Fehleranalyse der Modelle und der Eingangsparameter? Wo sind die Annahmen die getroffen worden sind?

Die Studie ist daher in meinen Augen in gewisser Weise sinnfrei. Sie ändert einen Parameter und schaut sich das Ergebnis an. So funktioniert aber ein komplexes Wirtschaftssystem nicht. Daher lagen alle Prognosen zum Mindestlohn oder der Rentenkosten bisher massiv daneben.

Es müssten eigentlich wie bei den Klimamodellen viele Modelle gerechnet werden. Diese müssen neben der Alterung verschiedene Wirtschaftsszenarien beinhalten. Dann hat man am Ende eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, welcher die Kostenentwicklung abbildet. So würde seriöse Wissenschaft aussehen. In dem Beitrag sieht es so aus, als sei das Ganze zwingend und man müsse das Eintrittsalter erhöhen. Warum eigentlich, bzw. löst es das Problem? 

Wenn man die mittlere Rentenbezugsdauer und die mittleren Rentenkosten nimmt vielleicht. Aber so einfach ist die Welt nicht. Gerade Menschen mit geringen Renten beziehen diese kürzer. D.h. im Umkehrschluss die teuren Renten werden länger bezogen und die zwei Jahre spielen dort nicht so die Rolle. Das wird nirgendwo diskutiert. Auch könnte man an der Spitze einfach deckeln. Also genau da wo die Kosten entstehen. Diese Personen wären in der Lage vorzusorgen und tun dies in aller Regel auch. 

Fazit

Wenn das die wissenschaftliche Spitzenforschung in Deutschland ist auf deren Basis politische Entscheidungen getroffen werden, sehe ich schwarz. Als Politiker muss ich darauf verlassen können, dass die Kurven und Daten aussagekräftig sind. Das sind sie hier nicht. Es ist in Graphen und lange Texte verpackte Ideologie. Die Renten werden teurer, weil wir älter werden. Die Zwangsläufigkeit ist zwar empirisch in den letzten 100 Jahren widerlegt worden, aber man kann diese alte These aus den 1920 - 1930er Jahren wieder und wieder aufwärmen.

Das Ziel ist klar. Die Renten sollen sinken, damit die Motivation besteht in Aktien privat vorzusorgen. Für wen die Studie erstellt wurde ist ebenfalls nicht beschrieben. Da sie bei der INSM publiziert wird, ist es naheliegend, dass sie von dieser Lobbyorganisation finanziert worden ist.

Chris


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