Dienstag, 20. Juni 2017

Effizienz

Es gibt Dinge die kann ich nicht nachvollziehen. Eines davon ist die Annahme, dass Märkte immer effizient seien. Diese These wurde in den 1970er aufgestellt und ist vielfach widerlegt worden. Wenn die Effizienzhypothese nicht generalisierbar ist, wie kann man sie dann als Begründung immer und immer wieder heransziehen? Mit ihr werden Privatisierungen begründet, Eingriffe des Staates ins Tarifrecht verhindert (natürlich nur, wenn es den Arbeitnehmern nützt), usw. 
Jeder der die Begründung hört, der Markt ist halt effizienter als der Staat muss sofort laut schreien
In welchen Zeiträumen? Für wen? Basierend auf welchen Messgrößen?
Wenn diese Fragen beantwortet werden, könnte man im Nachhinein die Aussagen prüfen. Der typische medial vorkommende Ökonom macht eine solche Aussage nicht öffentlich. Dann wäre er widerlegbar. Stattdessen feiert er sich als kritischer Wissenschaftler und ignoriert die Basis der Wissenschaft, die Falsifizierbarkeit von Modellen. 
Selbst wenn man logisch herangeht kann man einfach zeigen, dass Märkte nicht effizient sein müssen. Nur wenn man allerlei absurde Annahmen trifft, kann es zufällig passen. Ein Beispiel aus der Realität verdeutlicht das. Wenn in Händler die ganze Woche 24/7 Produkte verkaufen kann, dann ist das für gut und er gewinnt beträchtlich an Einfluss und Gewinn. D.h. die anderen Händler müssen nachziehen. Am Ende wird aber nicht wirklich mehr gekauft. Das Angebot bleibt schließlich gleich. Schlimmer noch, die Preise steigen, bzw. die Löhne sinken, da die Läden immer offen sein müssen und mehr Personal benötigt wird. Am Ende verlieren alle, außer diejenigen die jederzeit einkaufen können wollen. Der Markt ist also effizient und wieder nicht, je nach gemessener Größe. Da ein Mangel an kritischem Denken in der Politik (zumindest nach Außen) vorherrscht, werden solche Dinge nicht im Ansatz durchdacht und diskutiert.

Zusatz
Die Markteffizienzhypothese bezieht sich auf eine Hypthese zur Preisbildung an Märkten.

Chris

6 Kommentare:

  1. Ergänzend dazu: Das Problem fängt ja mE schon bei der Begriffsverwendung von "effizient" an. Ich kenn's vom Studium her aus der Produktionswirtschaft: Da gibt es verschiedene Produktionsstrategien, von denen eine die anderen dominiert (weil das Input-Output-Verhältnis besser ist etc.) und genau diese Strategie wird dann "effizient" genannt. "Effizient" in der Steigerungsform kann's daher eigentlich gar nicht geben: entweder ist etwas "effizient" oder eben nicht, wenn etwas "effizienter" wäre, war vorher etwas "effizientes" eben gar nicht effizient. ;-)

    Ansonsten trifft das, was Du schreibst, ua auch auf diverse andere Annahmen zu. Zum Beispiel auf die Annahme von vollständiger Konkurrenz. Das hat im Grunde nur den Sinn, die Annahme "stabiler Preise" zu rechtfertigen, ist aber ansonsten sozial und mit Blick auf reale Verhältnisse völliger Nonsense.

    Das wird noch nicht mal in der Ökonomik selbst richtig reflektiert. Was will mensch da von PolitikerInnen anderes erwarten?

    LG
    Arbo

    AntwortenLöschen
  2. Du schreibst es schon, man braucht eine Messgröße, um Prozesse bewerten zu können. Bei aktuellen Medienökonomen (also diejenigen die man wahrnimmt) gilt automatisch, dass Märkte effizient sind. Niemand begründet warum das so sein muss. Medien und Politiker plappern das einfach nach. Jeder Ingenieur der so agiert wie unsere Ökonomieelite, würde scheitern.
    Ökonomen bekommen für die Verbreitung von Unsinn Geld und reden von Wettbewerb den sie sich selbst nicht stellen. Ich würde mir gerne mal von einem Herrn Sinn die Grundlagen seiner Annahmen erklären lassen.

    Warum gibt es beispielsweise Gleichgewicht, wenn man gleichzeitig Wachstum fordert?

    Das macht in sich keinen Sinn. Aber wie du geschrieben hast, es wird nicht reflektiert.

    AntwortenLöschen
  3. Wieder einmal verstehtst du offensichtlich nicht, was Ökonomen eigentlich meinen. Die
    Markteffizienzhypothese besagt lediglich, dass man die zukünftige Entwicklung der Preise nicht vorhersagen kann, nicht mehr und nicht weniger. Ist ein Markt effizient, sind foglich technische oder Fundamentalanalysen sinnlos.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Markteffizienzhypothese

    Diese Hypothese ist mitnichten widerlegt. Wer genau, wann genau soll sie denn widerlegt haben? Shiller behauptet einfach, dass diese Hypothese nicht stimmt, kann sie aber auch nicht widerlegen. Er erzählt schhon seit Jahren davon, dass wir eine neue Blase haben, die "bald" platzen wird. Bislang ist dies allerdings nicht geschehen. Wie lange muss er denn noch diese Prognosen abgeben, bevor er als widerlegt gilt? Ich kann auch jeden Tag aufs neue prognostizieren, dass es morgen regnet wird. Selbst wenn dieser Fall einmal tatsächlich eintritt, bedeutet das noch nicht, dass mein Modell besonders gut ist.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. "Wieder einmal verstehtst du offensichtlich nicht, was Ökonomen eigentlich meinen. Die
      Markteffizienzhypothese besagt lediglich, dass man die zukünftige Entwicklung der Preise nicht vorhersagen kann, nicht mehr und nicht weniger. "
      In Ordnung. Falls diese Aussage stimmt, gibt die Markteffizienzhypothese keinerlei Argumente für einen Markt oder das dieser für ein besseres gesamtgesellschaftliches Ergebnis sorgt. Sie sagt nichts darüber aus, dass Ressourcen sparsamer und kostengünstiger eingesetzt werden. Daher ist die Behauptung Märkte seien effizienter (bezogen auf die Hypothese) nicht geeignet, Privatisierungen durchzuführen. Ich lasse mich gerne berichtigen.

      Löschen
    2. Einmal ganz im Errnst. Soooo marktradikal sind die meisten Ökonomen gar nicht. Viele eigentlich linke Thesen lassen sich gut mit dem vereinbaren, was an den VWL-Fakultäten gelehrt wird. Eine der Konsequenzen der Markteffizienzhypothese ist bspw., dass Investmentbanker überbezahlte Scharlatane sind. Man kann generell keine Preise vorhersehen, folglich können die Bankiers es auch nicht.

      Auch progressive Einkommenssteuern sind eigentlich nicht schlecht, glauben die meisten Ökonomen.

      Löschen
    3. "Einmal ganz im Errnst."
      Darum schreibe ich über die medial auftretenden Ökonomen. Diese werden in meinen Augen auch nur vorgekramt, weil sie politisch Entscheidungen noch mal bestätigen sollen.
      Also mehr oder weniger diejenigen die bei der INSM schreiben.

      Löschen