Dienstag, 14. Oktober 2014

Mal wieder Pflegenotstand

Mal wieder eine Studie die einen Notstand im Jahr 2050 kommen sieht. Leider kann man die gesamte Studie nicht kostenlos ansehen. Ich würde gerne die getroffenen Annahmen sehen, welche zu folgenden in meinen Augen sehr diskussionsbedürftigen Aussagen führen.
Da es immer mehr ältere Menschen gibt, steigt auch die Zahl der Pflegefälle.

Warum muss das so sein? Solche Pseudofakten werden unbelegt aufgeschrieben. Viele würden zustimmen. Man hat sehr häufig alte Menschen als pflegebedürftige vor Augen. Die Menschen werden aber nicht nur älter sondern auch fitter. Wieso sollte die Zahl der Pflegefälle zwangsläufig dramatisch steigen? Die höchsten Kosten für Pflege kommen in den letzten Lebensjahren zu Stande. Wann diese Lebensjahre stattfinden ist eigentlich egal. Es ist eine absurde Annahme, dass die Zeit vom Pflege"eintritt" gleich bleibt und gleichzeitig das Lebensalter steigt. Das entspricht nicht der Realität; wird aber gerne vorgebracht, um einen Notstand zu argumentieren.
2030 mit einer Lücke zwischen 1,7 bis 4 Milliarden Euro zu rechnen. Ab 2050 droht gar eine Lücke von bis zu 16 Milliarden Euro

Wie will man solche Werte seriös schätzen, wenn man die Lohn- und Wirtschaftswachstumsraten nicht kennt. 2006 hätte man mit den Prognosen für 2014, um einige Prozent daneben gelegen. Die Wirtschaftskraft in Europa ist zum Beispiel ist noch auf Vorkrisenniveau. In Griechenland hätte man keine Probleme kommen sehen. Beim IW in Köln spielt das keine Rolle. Da sind 40 Jahre kein Problem, obwohl man die Wachstumraten für das nächste Jahr nachbessern musste. Das heißt es können nur Szenarien gezeigt werden. Das diese nur negativ aussehen hat System. Genausogut könnten man darstellen, was für eine Wirtschaftsentwicklung zur Vermeidung des Notstandes notwendig wäre. Das wäre gute Wissenschaft. So aber ist es Propaganda für die private Vorsorge.
Kapitaldeckung ist zwar grundsätzlich die richtige Idee.

Das private Versicherungen gerade verzweifeln ist egal. Das die Zinsen niedrig sind, weil es keine Anlagemöglichkeiten gibt, ist egal. Das dies immer wieder passieren kann ist egal. Die Annahme das die Zinsen steigen werden ist sicherlich zulässig. Wenn es sie gibt, dann wächst die Wirtschaft. Wenn die Wirtschaft wächst, dann sollten die Löhne steigen und folglich das Umlageverfahren greifen. Die Vorteile eines kapitalgedeckten Verfahrens sind mir nicht klar. Es ist teurer, es wird im Zweifelsfall vom Staat gestützt und es ist unsicherer (siehe Anpassung der Garantiezinsen). Und die folgende Argumentation ist so absurd, dass man sich fragt was die Mindestqualifikationen an einem Wirtschaftsforschungsinstitut sind
könnten sich sogar die geburtenstarken Jahrgänge teilweise noch selbst vorsorgen. So könnte die Lastenverschiebung zwischen den Generationen im Umlageverfahren begrenzt

Wie soll das gehen? Sollen diese Jahrgänge Geldscheine essen? Wer produziert denn das Essen und die Güter und versorgt die Alten? Wer erwirtschaftet die Zinsen für ihre Geldanlagen mit denen die Güter bezahlt werden? Menschen brauchen Güter und Dienstleistungen. Diese können nur sehr bedingt in die Zukunft gespart werden. Das sollte man als Ökonom eigentlich wissen.

Fazit
Es gibt sicher noch mehr Punkte und Ungenauigkeiten. Wissenschaft sollte immer erst die Annahmen präsentieren. Denn nur unter diesen Annahmen sind die gegebenen Aussagen gültig. Im Grunde wird hier ein Szenario von vielen Möglichen dargestellt. Es ist in meinen Augen in Teilen plausibel. Der Lösungsvorschlag ist es nicht. Er zeugt davon, dass die IW Köln sehr wirtschaftsnah aufgestellt ist und, so wirkt es, Drittmittelgeber aus Wirtschaft und Industrie nicht verärgern will.

Chris

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