Mittwoch, 13. Januar 2021

Das ist also die wirtschaftswissenschaftliche Exzellenz

Es geht mal wieder um die Rente. Die INSM bringt wichtige Ökonominnen in Stellung. Der Beitrag ist ziemlich schwach und selbst ohne Wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung offensichtlich widersprüchlich. Er startet mit folgender Annahme aus der Politik. Es wurden zwei Kennwerte eingeführt.

Doppelte Haltelinie, das heißt zum einen, der Beitragssatz darf 20 Prozent nicht überschreiten, zum andern, das Rentensicherungsniveau vor Steuern (Standardrente nach 45 Beitragsjahren im Verhältnis zum verfügbaren Durchschnittseinkommen) darf 48 Prozent nicht unterschreiten.

Unter der Annahme stagnierender Löhne und unter der Annahme keinerlei Finanzierung durch Steuern, kommt man zwingend zum Schluss, dass die Menschen länger arbeiten müssen. Nur sind das zwei sehr harte Annahmen.

Was damit nichts zu tun hat ist die Lebenserwartung. Denn wenn die Erwerbstätigen alle Nichterwerbstätigen mit Gütern versorgen können, dann ist die Rentenfrage eine Verteilungsfrage mehr nicht. Die Aussage

 Obwohl bei steigendender Lebenserwartung jetzt schon klar ist:

ist merkwürdig. Warum? Nun zum Einen ist die Lebenserwartung der Rentenbezieher sehr ungleich verteilt. Um die gesetzliche Rente zu betrachten, müsste man die Lebenserwartung der Bezieher und Einzahler betrachten. Meine Annahme ist, dass die Lebenserwartung geringer ist. Der zweite Punkt ist, dass die Lebenserwartung nach dieser Argumentation angepasst auf den sozialen Status oder das Einkommen betrachtet werden müsste. Warum? Nun die Lebenserwartung eines Bauarbeiters ist geringer als die eines Ingenieurs. Die Forderung der pauschalen Erhöhung des Renteneintrittsalters bestraft die Schlechtverdienenden doppelt. Sie müssen länger arbeiten, obwohl sie es nicht können und beziehen dann noch kürzer Rente.

Einen weiterer Punkt wird ausgeblendet. Die Kosten. Ein Teil der Rentenbezieher waren vorher Arbeitslos oder haben irgendeine Transferleistung bezogen. D.h. die staatliche Finanzierung wird von einen Topf in einen anderen geschoben. Unbezahlbar ist da nichts.

Die nächste Aussage ist auch merkwürdig

Diese Ausgaben werden aber künftig von den Rentenbeiträgen einer jüngeren Generation finanziert werden müssen, die wegen einer geringen Geburtenrate trotz moderater Zuwanderung zahlenmäßig immer kleiner wird.

Das war noch nie anders. Die aktuellen Erwerbstätigen erarbeiten die Güter und Dienstleistungen für alle hier lebenden Menschen + Export - Import. Als Ökonomin weiß sie das natürlich.

Die nächste Aussage wird vorgebracht und arbeitet mit der klassischen Auslassung

Schon 2019 wurde die gesetzliche Rentenversicherung zu 23,7 Prozent durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt finanziert. Zuschüsse, die insgesamt 21,7 Prozent der Gesamtausgaben des Bundes ausmachen.

Das klingt dramatisch. Nur gibt es so etwas wie versicherungsfremde Leistungen im Bereich von 58–93 Mrd. Euro pro Jahr. Das kann man zwar ignorieren, ist aber wissentlich Stimmungsmache. Von einer Wissenschaftlerin in der Öffentlichkeit würde ich mehr Objektivität einfordern.

Dann geht es weiter

dass in Zukunft weniger Beitragszahlerinnen und –zahler für immer mehr Rentnerinnen und Rentner aufkommen müssen.

Ich wiederhole mich. Die aktuellen Erwerbstätigen erarbeiten die Güter und Dienstleistungen für alle hier lebenden Menschen + Export - Import. Man muss sich folgendes klar machen. Wir haben Exportüberschüsse, wir haben keine Vollbeschäftigung und es wird ein Mangel an Arbeitskraft herbeifantasiert.

Und die vermeintlich zwingende Logik.

Will man den Anstieg der Beitragssätze begrenzen und eine Reduzierung des Rentenniveaus vermeiden, wie dies aktuell empfohlen wird, dann bleibt als dritte Stellschraube nur, das Renteneintrittsalter anzuheben.

ist offensichtlich falsch. Warum muss der Beitragssatz ansteigen. Wenden wir simpelste Markttheorie an. Wir zahlen vielen Menschen eine Rente. D.h. wir haben viel Nachfrage die befriedigt werden muss. Gleichzeitig sinken die verfügbaren Erwerbstätigen. Was wird passieren? Um die Produktion und die Dienstleistungen zu erhalten, müssen die Löhne steigen. Damit sinkt der Beitragssatz. Ich verstehe nicht wie man solche Zusammenhänge ausblenden kann? Mehr noch die Kosten für die Arbeitslosenversicherung und Hartz 4 sinken, da mehr Menschen arbeiten. 

Geld ist nicht knapp, da die EZB das Geld beliebig schöpfen kann. Was knapp ist, sind Güter und Dienstleistungen. Und zum dritten Mal. Die aktuellen Erwerbstätigen erarbeiten die Güter und Dienstleistungen für alle hier lebenden Menschen + Export - Import. So lange diese Güter und Dienstleistungen ausreichen die gesamte Bevölkerung zu versorgen ist es keine Frage des Lebensalters, sondern der Verteilung. Ökonominnen wie Frau Schnitzer verstecken diesen simplen Fakt hinter Demographie.

Ich bin erschrocken, wie man als seriöse Wissenschaftlerin einen solchen schlechten, undifferenzierten Text fabrizieren kann. 

Chris

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