Samstag, 27. Dezember 2014

Selbstzweck

Liest man die Nachrichten und Kommentare aus dem Wirtschaftbereich, dann werden oft genug sinnlose Forderungen laut. Aktuell beschweren sich die Wirtschaftsverbände, dass die Bundesregierung zu viel "Geschenke" an die Bevölkerung gegeben hat. 

Das senkt angeblich den Wohlstand und das Wachstum. Die Verbände, neoliberale Wirtschaftsprofessoren und viele andere die der neoliberalen Agenda folgen, fordern ständig folgendes 
  • Wachstum des BIP,
  • mehr Freiheit,
  • Liberalisierung der Märkte,
  • Freihandel,
  • Arbeitsmarktflexibilisierung,
  • Senkung der Abgaben und Steuern,
  • Senkung der Arbeitslosenzahlen um jeden Preis,
  • und ähnliches
Leider wird eigentlich nie gesagt was damit bezweckt werden soll. Was bedeutet denn Wohlstandssteigerung im Sinne der neoliberalen Agenda? Heißt das Wohlstand für alle. Also möglichst viel Kaufkraft, hohe Standards im Umweltschutz und im Sozialbereich für alle? Oder heißt es möglichst viel Gewinne und hohe Belohnungen an der Spitze? Es wird nicht verraten. Die genannten Forderungen zu erfüllen entwickelt sich zum Selbstzweck. Märkte müssen frei sein, weil sie frei sein müssen. Das ist die einzige wirkliche Begründung die uns gegeben wird. 

Abgaben
Abgaben müssen gesenkt werden, damit wir alle mehr in der Tasche haben. Löhne dürfen aber nicht steigen. Stattdessen werden abstrakte Prozente vorgeholt. Der Witz ist, dass es egal ist ob ich 1% Abgaben habe oder 50%. Wichtiger ist wie viel ich verdiene. Wenn ich 100 Euro verdiene und 1% Abgaben zu zahlen habe, dann habe ich 99 Euro zur Verfügung. Wenn ich 5000 Euro verdiene und 50% Abgaben zahlen muss, dann sind es 2500 Euro. Das klingt banal wird in unseren Medien und von unseren Wirtschaftsforschern eigentlich nie thematisiert. Am Ende zählt für mich wie viel Geld ich in der Tasche habe und nicht wie hoch die Abgaben sind. D.h. die reine Forderung nach einer Abgaben- und Steuersenkung ist sinnlos. Wichtiger ist die Forderung nach hohen Einkommen. Dabei kann es durch mögliche Umverteilungen vorteilhaft sein höhere Steuern und Abgaben zu zahlen. Diskutiert wird das im Grunde nie.

Freihandel
Ähnlich sieht es beim Freihandel aus. Der Freihandel soll mehr Wohlstand bringen. Dabei bringt Handel keinen Wohlstand, er verteilt ihn nur. Wohlstand wird dabei nicht erzeugt, so wie eine Straße keinen Wohlstand erzeugt, sie fördert ihn eventuell nur. Die Frage ist also, ob die Verteilung durch den Freihandel positiv oder negative Konsequenzen für den Wohlstand der Menschen hat, oder nicht. Ähnlich wie bei einer Straße muss das diskutiert werden. Straßen können die Wohlstandsentwicklung unterstützen. Man kommt schneller von A nach B. Industrie die Güter produzieren können die effizienter Arbeiten, etc. Allerdings würde niemand auf die Idee kommen ganz Deutschland in eine Straße zu verwandelt. Denn mit dem Straßenbau sind auch Kosten verbunden, z.B. wird die Umwelt zerstört. Eine solche Rechnung wird bei den Selbstzweckverfechtern nicht angestellt. Freihandel ist gut, weil er gut ist.

Arbeitslosenzahlen
Die Arbeitslosenzahlen sind ebenfalls ein vortrefflicher Selbstzweck geworden. Die Senkung der Selbigen wird ständig gefeiert. Warum eigentlich? Was ist so toll daran das viele Menschen arbeiten? Eigentlich ist nichts toll daran. Viele Menschen sollten einen hohen Wohlstand erlangen können. Das wäre ein Ziel. Hierfür brauchen sie in der Regel einen Arbeitsplatz der ihnen dann ein möglichst hohes Einkommen bescheren sollte. D.h. eigentlich sollte man nur gute Arbeitsplätze feiern und nicht Arbeit als solches. Feiert man nämlich Arbeit als solche, kann man die Sklaverei wieder einführen und schon gibt es keine Arbeitslosigkeit mehr. Sicher kein wünschenswertes Szenario.

Fazit
Wir sind so geblendet von den Selbstzweckfloskeln, dass wir zu selten nachdenken was überhaupt unser Ziel sein sollte. Der Journalismus, oder das was davon übrig ist, tut es in der Regel nicht für uns. Stattdessen werden die Floskeln unhinterfragt übernommen. Man kann durchaus dafür sein, dass die Gewinne der Unternehmen auf Kosten der Arbeitnehmer gesteigert werden sollen. Das wäre ein Ziel. Nur wenn man dieses Ziel nicht propagiert, kann und wird es nicht diskutiert. Genau das ist das Problem. Indem wir Floskeln hinterherjagen vergessen wir unsere Ziele. Wer kann schon gegen niedrige Abgaben sein oder gegen eine niedrige Arbeitslosigkeit. Alternativen gibt es nicht. Dabei sollte die Lebensqualität die Zielgröße sein und die Floskeln nur Mittel zum Zweck und eben kein Selbstzweck. Niemand würde sagen "ich arbeite jetzt einfach mal mehr". Man tut es aus einem Grund. Dem Diskurs in Deutschland fehlt dieser Grund.

Chris

2 Kommentare:

  1. Das Ziel lautet: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Dann wird automatisch alles besser. Nicht für Dich, mich oder unsere Nachbarn. Aber für die oberen 10 Prozent.

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    1. Was wird besser. Ich denke sogar bei den oberen 10% wird es nicht wirklich besser. Besser wird zu oft materiell begründet. Dabei glaube ich das bei vielen an der Spitze die Angst zunimmt. Die Angst vor dem Pöbel und dem Abstieg. Je mehr sich die Ungleicht spreitzt desto schlimmer wird es.

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